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Parteienverbot und Grundgesetz
Gliederung:
I Zum Grundsätzlichen
II Verfassungsauftrag an das Bundesverfassungsgericht
III Demokratieschutz und Demokratiewehrhaftigkeit
IV Verbotsrechtfertigung I
V Verbotsrechtfertigung II
VI Pflicht zur Gegenwehr - Pflicht zum Verbotsantrag
VII Anhang: Verfahrensvorschriften aus dem Gesetz über das Bundesverfassungsgericht (BverfGG)
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"Die Bundesrepublik Deutschland ist eine Demokratie,
die von ihren Bürgern eine Verteidigung
der freiheitlich-demokratischen Grundordnung erwartet
und einen Mißbrauch der Grundrechte
zum Kampf gegen diese Ordnung nicht hinnimmt."
Bundesverfassungsgericht 1970 (BVerfGE 28, 36)
"Es geht (beim Parteienverbot) nicht um die Bekämpfung
von Ideologien, sondern um die Abwehr
von Gefahren für die Ordnung
des politischen Prozeßes."
Martin Morlok
"Für das Verbot einer Partei ausschlaggebend
ist nicht ein konkretes rechtswidriges Verhalten."
Heiner Busch
"Verfassungswidrigkeit< ist eine politische Qualität,
Rechtswidrigkeit eine rechtliche."
H. Ridder
"Beim Parteienverbot geht es aber ausschließlich
um die Eindämmung politischer Feindschaft
jenseits des tatbezogenen Strafrechts."
Ulrich K. Preuß
I. Zum Grundsätzlichen
Wenn es um den Erhalt der Demokratie geht, konkreter: die Aufrechterhaltung der Ordnung eines politischen Prozeßes der Freiheitlichkeit, der politischen Strukturen und ideellen Wertsetzungen, der moralischen Grundlagen und soziologischen Funktionsvoraussetzungen einer freiheitlichen Ordnung, ist selbst, als Ultima ratio, das Verbot einer Partei gerechtfertigt. Das scharfe Schwert des Parteienverbots muss kompromisslos angewandt werden, eine Partei also verboten werden, wenn dieser politische Extremismus verfassungsfeindliche Ziele mit einer aktiv-kämpferischen Grundhaltung gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verfolgt. Wo das vorhandene belastende Material eindeutig und ausreichend die verfassungsfeindliche Zielsetzung in aggressiv-kämpferischer Art und Weise belegt, wo dieses belastende Material für ein Parteiverbot ausreicht, muß das Bundesverfassungsgericht nach Art. 21 Abs. 2 GG (Parteienverbot) unabdingbar eine Entscheidung herbeiführen. Damit die Fahne der politischen Freiheit aufrecht erhalten werden kann.
Wenn es um den Erhalt der Demokratie geht, muss klar sein, "was der Rechts- und Verfassungsstaat als wehrhafte Demokratie zu tun hat: die Politik und die Justiz dazu anzuhalten, den ausdrücklich vorgesehenen Weg zum wirksamen Schutz unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung und der Unantastbarkeit der Menschenrechte einzuschlagen und zu sichern. Auch heute, im wiedervereinigten Deutschland, gilt noch immer jene Pflicht zur Selbstverteidigung der Demokratie gegen ihre Feinde, welche die Schöpfer unserer Verfassung vor 51 Jahren ... allen Deutschen aufgegeben haben." (Karl Dietrich Bracher)
In einem Parteiverbot liegt somit nicht eine Beschränkung der demokratischen Freiheit, sondern das Gegenteil, die Aufrechterhaltung von demokratischer Freiheit; und dies wird im folgenden klar werden. Fraglos bedarf es weit mehr als der fromme Wunsch, die völlig abwegige Ansicht, man könnte den politischen Feind der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, und dies ist unsere Ordnungsvorstellung mit der wir, die überwältigende Mehrheit unseres Volkes lebt und leben will (!), "auf dem Feld der öffentlichen Diskussion und der Wahlen in seine Schranken verweisen". Auch kann es sich nur um eine äußerst lächerliche "Floskel" handeln, die da verlangt, den skrupellosen politischen Extremismus allein "politisch zu bekämpfen"; gemeint ist ohne den Einsatz des Instituts des Parteienverbots. Nur der libertären Dekadenz kann es zugehörig sein, einen zersetzenden Relativismus fälschlich als Weltanschauung der Demokratie auszugeben. Unsere Demokratie hingegen ist wehrhaft, streitbar und abwehrbereit und muß es auch sein, keine Frage; und dies ist sie geschlossen und entschlossen.
Das Verbot einer extremistischen Partei, der politischen Feinde heutiger demokratischer Ordnungsvorstellungen, ist immer auch eine Frage der politischen Kultur und der politischen Zivilisation, der politischen Sauberkeit in unserem Lande; man könnte es auch eine Frage der "politische Hygiene" nennen. Es ist vor allem eine Frage einer tragenden und sozial-verantwortbaren ganzheitlichen politischen Ordnungsvorstellung, wie wir unsere, zur Zeit völlig alternativlose, über Jahrhunderte herangewachsene demokratische politische Ordnung sehen, wie wir, trotz allem, die immerwährende Freiheitsmöglichkeit darin erkennen, die wir so unter allen Umständen aufrechterhalten wollen und müßen.
Ganz gleich nun, welcher politischen Strömung oder weltanschaulichen Orientierung man anhängt, die Frage nach der generellen politischen Ordnung, als Freiheitsmöglichkeit für alle, ist eine höherrangige, eine primäre Fragestellung. Sie verlangt eine vorrangige Entscheidung, auch in der Verantwortung vor dem Insgesamten, dem Allgemeinwohl; dies verlangt jede tiefere soziale Verantwortung, wo Verantwortungsethik vor der puren Gesinnungsethik oder der ideologischen Verblendung rangiert. Das Bekenntnis zu einer freiheitlichen Parteiendemokratie und die Ablehnung jeder totalitären politischen Ordnungsvorstellung. Und nur in dieser evolutionären statt unheilvoll revolutionären oder fundamentalistischen Gesetzmäßigkeit liegt auch allein die Möglichkeit politischer Veränderbarkeit: eine demokratische, soziale und nationale Erneuerung, allein in einem Akt der Vernunft mit Maß und Ziel zu erreichen, und eben nicht in der Form des politischen Extremismus; alles andere ist kontraproduktiv, unpolitisch und unfreiheitlich. Für katastrophale und ideologisch verblendete, versessene und verstiegene, völlig unzeitgemässe und überlebte politische Irrwege kann es nur selbstverschuldete Parteiverbote geben. Und das ist gut so!
Ohne soziale Verantwortung geht es nicht. Es kann und darf keine Politik ohne Verantwortung geben.
Jede größere politische Veränderung im 21. Jahrhundert wird, aufgrund der Erfahrungen mit dem Totalitarismus im 20. Jahrhundert, entweder demokratisch im Sinne der freiheitlich-demokratischen Grundordnung sein oder sie wird nicht sein. Die Zeiger der Uhr vermag niemand zurückzudrehen, indem er etwa wieder den Feudalabsolutismus oder ähnliches einzuführen wünschte. Man kann das Schicksal der politischen Ordnung unseres Volkes nicht in die Hände von Extremisten, ideologisch Verblendeten und Wirrköpfen, Demokratieutopisten und politische Heilsbringer fallen lasse.
Von einem Engländer stammt der Ausspruch: "Die Demokratie ist das schlechteste aller Systeme - mit Ausnahme aller anderen."
In der Tat, die Demokratie, das freiheitlich-demokratische System auf der Basis unserer freheitlich-demokratischen Grundordnung (fdGO), ist das fragilste und vielleicht auch riskanteste, das komplizierteste, anspruchsvollste und gefährdetste aller politischen Systeme, aber allen anderen an Freiheitlichkeit dennoch haushoch oder turmhoch, meilenweit überlegen. Große politische Denker und Philosophen lieferten über zwei Jahrtausende hinweg ihre Vorstellungen hierzu; damit dieser Systemtypus der größtmöglichen Freiheitlichkeit zur heutigen Form heranwachsen konnte.
Heinz Laufer beschrieb es wie folgt: "Es war ein langer, schwieriger und mühsamer historischer Prozeß, bis dieser politische Ordnungstypus theoretisch durchdacht und formuliert und postuliert war und sich politisch durchzusetzen begann. Ein geistig-historischer Prozeß, der Jahrtausende umfaßt, gegenläufig ablief und konträre Ansätze und Ziele aufweist. ... Das moderne demokratische System ist seinen geistigen und politisch-historischen Ursprüngen nach nicht das Ergebnis eines einzigen theoretischen Entwurfs oder eines singulären Ereignisses. Ideen von Plato und Aristoteles, Polybius und Cicero, Thomas von Aquin, John Locke und Thomas Hobbes, Jean Jaques Rousseau und Montesquieu, Harrington, Hamilton und Jefferson, Kant, Hegel, Marx - um nur die hervorragendsten zu nennen - haben sie ebenso geprägt, wie Aussagen jüdischer Propheten und christlicher Theologen. Die römische Rechtsordnung, die Magna Charta Libertatum des englischen Königs Johann ohne Land, die glorreiche Revolution in England, die Hinrichtung Ludwig XVI. in Frankreich, die Bostoner Tea-Party in Amerika, die Befreiungskriege in Deutschland, der I. Weltkrieg, die Münchener Räte-Republik, ... der Kampf gegen den kommunistischen Imperialismus haben mit das moderne freiheitliche demokratische System bestimmt. ... Erst in der Späthphase der Menschheit - retrospektiv von der Gegenwart her gesehen - werden Freiheit und Gleichheit miteinander verbunden.
Diese Verbindung ist der Beginn der modernen Demokratie: eines neuen, attraktiveren, menschenwürdigeren politischen Systems."
Und kein skrupelloser politischer Extremismus, Demokratieutopismus und politische Heilslehre, sollte auch nur den Hauch einer Chance bekommen und sich hier als politischer Feind der demokratischen Freiheit ungehindert betätigen können, beispielsweise mit den ihn kennzeichnenenden und entlarvenden Parolen wie: "das System hat keine Fehler, das System ist der Fehler", oder: "das politische System der BRD ist das Grundübel der deutschen Gegenwart", oder: "wir sind nicht eine Partei neben anderen, wir sind gegen alle anderen Parteien und das System", oder: "Demokratie ist an sich eine Illusion und jeder Versuch muß zwangsläufig chaotisch enden", oder: "Wir wollen nicht bewahren, wir wollen dieses System überwinden", oder: "Alle ... sind dazu aufgerufen (...), die Wut und den Zorn der Deutschen auf die Straße zu tragen und dafür zu sorgen, dass das System nicht zur Ruhe kommt", oder: "der Zweck ist die Destabilisierung des Staatssystems".
Derartige Zitate der politischen Feindschaft gegen unsere demokratische Ordnung könnten vielfach (!!) fortgesetzt werden; der politische Extremismus hat schon längst seine Maske fallengelassen und sich selbst entlarvt; völlig "nackt" steht er da sobald wir ihn analysieren. Der politische Extremismus meint mit "System" im übrigen, und dies äußerst verächtlich und als "grundsätzliche Ablehnung", die real existierende freiheitliche politische Ordnung; diese soll im Interesse totalitärer und antidemokratischer Wirrvorstellungen beseitigt werden; und dies kann nur im Interesse einer neuen Tyrannis sein. Dies alles kann und darf nicht akzeptiert oder hingenommen werden, dies muß sanktioniert und in seine Schranken gewiesen werden. Der Staat hat dort Flagge zu zeigen wo das Parteienprivileg mißbraucht wird. Die Bindung an Verfassung und Recht muß für alle gelten, der politische Extremismus kann hier keinerlei Pardon erwarten.
Die Demokratie gehört, so Ernst Fraenkel und Karl Dietrich Bracher, zum verfassungsrechtlichen Naturrecht des 20. Jahrhunderts". Nach aller Erkenntnis und Erfahrung kann die Demokratie nicht nur eine Methode zur Erzeugung einer sozialen Ordnung sein, der Rahmen einer prozeduralen Freiheitsordnung ohne inhaltliche Vorgaben, sie muß vielmehr auch als ein normatives Programm gesehen, voll anerkannt, strikt eingehalten und umgesetzt werden; also versehen mit inhaltlichen Vorgaben, der Unverbrüchlickeit eines normativ bindenden Verfassungskerns. Freiheit bedarf immer auch einer institutionellen Sicherung und Absicherung; etwa durch das Insitut des Parteienverbots; ein Instrument der >wehrhaften oder streitbaren Demokratie<. Der unabdingbare Schutz unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung in seiner nicht zur Diskussion stehenden Substanz. Absolute Werte die der libertären als auch der totalitären Dekadenz entzogen sind. Die verfassungsmäßigen Grundwerte müßen bejaht und können nicht zur Disposition gestellt werden. Dies ist auch in keinem Falle freiheitsbeschneidend, weil es Ausgangspunkt für Freiheit einer jeden sozial-verantwortbaren politischen Orientierung ist. Freiheit muß die Freiheit haben, der Freiheitszersetzung auch begegnen zu können; sie kann sich nicht selbst preisgeben oder zur Disposition stellen. Demokratie kann letztlich nicht eine Angelegenheit sein, wo auch Nichtdemokratie durchgesetzt werden kann. Dies wäre die Durchsetzung von Rückschritt, hin zu längst überwundenen unfreiheitlichen Verhältnissen. Dies wäre absurd. Die Menschen wollen Freiheit, keine Willkür und Gewalt, keine neue Tyrannis als Ersatz für Demokratie, der einmal errungenen Volkssouveränität in der zur Zeit bestmöglichen Ausprägung.
Unsere real existierende freiheitlich-demokratische Grundordnung ist Freiraum für jeden, Möglichkeit für jeden auch argumentativ Massenanhang zu gewinnen; Konzeptionen, latent oder manifest, die Willkür und Gewalt intendieren, die aggressiv-kämpferich die Grundordnung zu zersetzen trachten, sind hier kontraproduktiv. Die Politik ist zunächst oder primär einmal ein geistiger Prozeß. Die real existierende Demokratie ist eine Möglichkeit für alle im realen, fairen und offenen politischen Ringen. Spielregeln jedoch, die muß man einhalten und müßen eingehalten werden. Wir kennen den Mißbrauch unserer Demokratie, auch in so manch zentralem Bereich, aber hierdurch kann niemals eine Kampfansage an die grundsätzlichen und deshalb unumstößlichen Ordnungsvorstellungen erfolgen. Auch dies ist verheerend kontraproduktiv und eminent unpolitisch. Der politische Extremismus der ideologischen Verblendung, wo auch die Skrupellosen, Unbedarften und Halbgebildeten von einer gewissenlosen "Führung" von der Kette gelassen wurden, ist somit immer ein Zeichen der Schwäche und der Untauglichkeit. Und belohnt wurde er, dieser dümmliche politische Extremismus, schon immer mit dem komplett isolierten politischen Sektierertum; sozusagen als gebührende Quittung komplett kontraproduktiver, verheerend unpolitischer und total unzeitgemäßer "extremer Denk- und Verhaltensformen aus antidemokratischen Vergangenheiten"; definitiv abgeschlossener und klar nicht wiederholbarer geschichtlicher Epochen. Dies sagt alles! Nationale, soziale und demokratische Erneuerung heute, in diesem unserem Vaterland, bedarf ganz anderer politischer Strategien. Die Geschichte wiederholt sich nicht! Die Widerwärtigkeiten des politischen Extremismus sind hier nicht gefragt; er muß unterhalb der Schwelle der Sozialwirksamkeit bleiben.
Der real existierende Systemtypus ist für uns die Parteiendemokratie, die repräsentativ-parlamentarische Sturktur, die Sozialstaatlichkeit und Rechtsstaatlichkeit, die Einhaltung und Verteidigung der Menschenrechte, das klare Bekenntnis zu unserer Nachkriegsdemokratie; ein politischer Systemtypus, in dem alle Macht vom Volk, dem einzigen Souverän, auszugehen und auch wieder zu ihm zurückzukehren hat. Wo das Volk als alleiniger Souverän Regierungsmacht (abgeleitet und nicht originär) nur auf Zeit, begrenzt und jederzeit rücknehmbar, auf seine gewählten, abberufbaren und kontrollierten Repräsentanten (Parteien) überträgt. Demokratie bedeutet die freiheitliche politische Betätigung und Meinungsfreiheit für alle, solange nicht die Freiheitsrechtsrechte und Meinungsfreiheit anderer angetastet, verletzt und eingeschränkt werden. Demokratie ist Freiheit dort, wo freiheitliches Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit übereinstimmen. Jeder politische Systemtypus muß über Normen und Spielregeln verfügen, auch die Demokratie hat folglich ein Interesse an der eigenen Selbstbewahrung und Selbstbehauptung, Zukunftssicherung und Zunkunftsabsicherung.
Und noch eins, vielleicht sogar vorbeugend: Auch eine Demokratie oder Regierung hat das Recht, wo sie mit Gewalt attackiert wird, auch mit Gewalt zurückzuschlagen; gar keine Frage. Damit wird man fertig werden.
II. Verfassungsauftrag an das Bundesverfassungsgericht
Der einzige demokratisch legitimierbare Verbotsgrund einer politischen Partei ist der Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes:
"(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht."
Das oben besonders markierte "oder" ("...nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger...") ist nach Volker Neumann von erheblicher Bedeutung; er stellt fest: "Die Schwierigkeit ... (die das BVerfG) zu überwinden hat, steckt in dem kleinen Wörtchen "oder" - >nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger<. Die Tatbestandsvariante einer Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung allein nach den Zielen einer Partei deutet in der Tat in die Richtung eines Propagandadelikts. Es mag sein, daß politische Ziele, geifernd vorgetragen, Menschen kränken und Strafgesetze verletzen können. Allein mit >Schaum vor dem Mund< beseitigt aber niemand die Grundordnung der Verfassung. Fazit: Das >>Oder<< ist als ein >>Und<< zu lesen." Richtig, beides, die Ziele (im Geschriebenen und Gesprochenen) und das Verhalten (in seiner breiten Palette und gravierenden Rechtsgüterverletzung), sollte unbedingt herangezogen werden! Eine Verfassungsänderung wäre hier gegebenenfalls notwendig und auch konsensuell machbar. Zudem müssen nachweisbare (und auch fahrlässig nicht verhinderte oder eingeschränkte oder relativierte) politisch-extremistisch motivierte Gewaltakte sanktioniert, in den Verbotsprozeß impliziert werden. Die Bindung an Verfassung und Gesetz hat für alle zu gelten, so will es auch der alleinige Souverän, unser Volk! Jeder totalitären Versuchung wird widerstanden werden.
Richtig ist: "Der Kampf der Meinungen ist ein Wesensmerkmal der Demokratie. Wenn dieser Kampf aber mit Baseballschlägern statt mit Argumenten geführt wird, dann muss die Infrastruktur zerschlagen werden, die diese Gewalt fördert."
Von Regierungsseite wird heute besonders das Argument ins Spiel gebracht, es dürfe nicht hingenommen werden, dass eine als extremistisch erkannte Partei (mit aggressiv-kämpferischer verfassungfeindlicher Ausrichtung), dessen Verbot man beim Bundesverfassungsgericht beantrage, "staatliche Gelder (Steuermittel in Millionenhöhe) erhalte und damit steuerliche Abgaben der Bürgerinnen und Bürger für verfassungsfeindliche Aktivitäten und die Zusammenarbeit mit gewaltbereiten Gruppen verwende". Hier hat nun auch das Bundesverfassungsgericht für Klärung zu sorgen.
Es geht also um die "freiheitlich-demokratische Grundordnung" unseres Staates, sie unterliegt absolutem Schutz und ist durch Art. 79 Absatz 3 GG (Unabänderlichkeit von Verfassungsbestimmungen) unantastbare Verfassungssubstanz, sie enthält, so das Bundesverfassungsgericht (BverfG), die "obersten Grundsätze der freiheitlichen Demokratie". Die fdGO, ein absoluter und zeitlos gültiger Verfassungswert, enthält die Grundelemente einer freiheitlichen Struktur des politischen Prozeßes. In der deutschen Verfassung, im Grundgesetz (GG), wird auf die fdGO insgesamt an sechs Stellen verwiesen. Und zwar in den Artikeln 10 Absatz 2, 11 Absatz 2, 18, 21 Absatz 2, 87 a Absatz IV und in Artikel 91. Dies ist fraglos Ausdruck einer wehrhaften oder streitbaren Demokratie und soll unmißverständlich bedeuten: "Keine Freiheit den Feinden der Freiheit!". Jede Demokratie hat fraglos das Recht, auch sich selbst zu verteidigen. Demokratie kann nicht den eigenen Untergang implizieren. Natürlich sollte Meinungsfreiheit "für den demokratischen Staat schlechthin kostituierend" (BverfGE 7, 198 - 208) sein; jedoch mit einer Außnahme, dort wo diese Meinungsfreiheit zur aggressiven Bekämpfung unserer freiheitlichen politischen Grundordnung führt, und wo diese Meinungsfreiheit dann anderen abgesprochen wird. Die freien Bürger können selbst "grundlegende Wertungen der Verfassung in Frage stellen, soweit sie dadurch (jedoch; Anm. d. Verf.) Rechtsgüter anderer nicht gefährden" (BverfG, NJW 2001, 2069 - 2071-). Dieser Freiheitsmißbrauch kann nicht hingenommen werden.
So lautet es denn auch in Artikel 2 Abs 1 Grundgesetz: "Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt." Dass Freiheitsmißbrauch nicht hingenommen wird, resultiert auch aus Artikel 18 des GG: " Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit (Artikel 5 Absatz 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Absatz 3), die Versammlungsfreiheit (Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), das Brief-, Post- und Ferndmeldegeheimnis (Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14) oder das Asylrecht (Artikel 16 a) zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen".
Und so ist Demokratie auch letztlich nur als eine "coincidentia oppositorum" (Heinz Laufer) zu begreifen, als ein Zusammenfall von Widersprüchen (Gegensätzen), die faktisch da sind und ausgehalten werden müßen. Zu den "prinzipiellen und damit systemimmanenten Widersprüchen des politischen Systems" zählt Heinz Laufer die Gegensätze von "1. Individual- und Sozialexistenz; 2. Freiheit und Gleichheit; 3. Freiheit und Selbsterhaltung; 4. Wahrheit und Relativität; 4. Freiheit und staatlichem Machtanspruch; 5. Effizienz und Ineffizienz; 6. Direkter und repräsentativer Demokratie; 7. Menschenwürde und politischer Korruption." Seine Beschreibung des Widerspruchs von Freiheit und Selbsterhaltung, "der Widerspruch zwischen politischer Freiheit der Bürger und der Selbsterhaltung des demokratischen Systems" ist für die hier zu behandelnde Problematik höchst erhellend.
Unter der genannten Überschrift schreibt Laufer: "Ein Ausgleich im eben genannten Sinne ist nicht möglich bei einem anderen Gegensatz, nämlich dem zwischen politischer Freiheit der Bürger und der Selbsterhaltung des demokratischen Systems. Aus dem die Demokratie konstituierenden Freiheitsprinzip folgen für den einzelnen und für soziale Gruppierungen eine Vielzahl von Freiheitsgarantien, so vor allem das Recht der Meinungsäußerungsfreiheit, der Freiheit von Wissenschaft und Kunst, der Versammlungsfreiheit, der Vereinigungsfreiheit, der Freiheit der politischen Betätigung für einzelne, soziale Gruppen und besonders für politische Parteien. Die politische Freiheit konsequent realisiert müßte zur Folge haben, daß in der freiheitlichen Demokratie jede politische Aktivität mit jedweder Intention gewährleistet ist. Demzufolge müßte die politische Freiheit auch für Meinungen und Aktionen garantiert sein, deren Ziel es ist, das demokratische System zu bekämpfen, die freiheitliche Ordnung zu beseitigen, ein nichtdemokratisches System etwa kommunistischer oder faschistischer Prägung zu errichten. Doch keine moderne Demokratie läßt das zu.
In allen westlichen Demokratien sind der politischen Betätigung des einzelnen, der sozialen Gruppen und der Parteien Grenzen gezogen, wenn es um die Selbsterhaltung des Systems geht. So sind zum Beispiel in der Bundesrepublik Deutschland Grundrechtsverwirkung, Vereinsauflösung, Parteiverbot Instrumente, durch die bei Gefährdung der freiheitlichen Demokratie die politische Freiheit beschränkt oder gar aufgehoben werden kann. Das ist unter dem Aspekt der Logik ein Widerspruch zum Freiheitsprinzip und für viele, vor allem für junge Menschen stellt dieser Widerspruch eine Absurdität der Demokratie dar. Doch die demokratische Verfassung ist kein Selbstmordvertrag, die freiheitliche Demokratie hat streitbaren Charakter und das demokratische System muß diesen Widerspruch aushalten, will es sich nicht selbst aufgeben."
1952 stellte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts zur fdGO folgendes fest: "Freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Art. 21 Abs. 2 GG ist eine Ordnung, die unter Auschluß jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition" (BverfGE 2,I - 79).
III. Demokratieschutz und Demokratiewehrhaftigkeit
Wir hatten in unserer zeitgeschichtlichen Vergangenheit einmal ganz andere Auffassungen und Verfahrensweisen mit der Demokratie, die für uns heute völlig unakzeptabel sind, mehr noch, die wir unter allen Umständen in einer Neuauflage zu verhindern haben, müßen und werden. Ein Demokratiemißbrauch zur Abschaffung der Demokratie, wie aus den folgenden drei Zitaten ersichtlich, kann und darf nicht mehr Wirklichkeit werden. So antwortete Reichskanzler Adolf Hitler 1941 auf die Frage nach seiner größten Leistung: "Die nationalsozialistische Revolution hat in der Demokratie mit der Demokratie die Demokratie besiegt!". Und der spätere Reichspropagandaminister Dr. Josef Goebbels stellte schon 1928, seinerzeit Gauleiter von Berlin und Propagandachef für die Gesamtpartei, fest: "Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahmzulegen. Wenn die Demokratie so dumm ist, um für diesen Bärendienst Freifahrkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre eigene Sache. (...) Uns ist jedes gesetzliche Mittel recht, den Zustand von heute zu revolutionieren. (...) Wir kommen als Feinde! Wie der Wolf in eine Schafherde einbricht, so kommen wir". Oder Goebbels an anderer Stelle: „Das wird immer einer der besten Witze der Demokratie bleiben, daß sie ihren Todfeinden die Mittel selber stellte, durch die sie vernichtet wurde“ (Propagandaminister Dr. Josef Goebbels in „Der Angriff“, Aufsätze aus der Kampfzeit, München 1935, Seite 61).
Zu dieser Zeit, einer abgeschlossenen historischen Epoche, ließ sich mit einer Demokratie ohne (zumindest genügend) Demokraten kein demokratischer Staat machen! Bereits mit dem Rücktritt von Reichskanzler Hermann Müller, am Abend des 27. März 1930, war die Zeit der von parlamentarischen Mehrheiten getragenen Reichsregierungen vorerst zu Ende. Es kam weiterhin nicht mehr zu einer Zusammenarbeit aller demokratischen Kräfte, es folgten die Jahre der Präsidialregime 1930 bis 1933. Gegen einen erklärten Mehrheitswillen zur Diktatur konnte man auf Dauer nicht demokratisch regieren; letztlich erlag man der totalitären Versuchung. Heute haben wir jedoch den Totalitarismus des 20. Jahrhunderts überwunden. Mehr als 52 Jahre Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland, eine weltweit anerkannte erfolgreiche Demokratieentwicklung, berechtigt unser Volk heute zu der ultimativen Forderung: Weg mit der ewigen Vergangenheitsbewältigung und Umerziehung, mit den ewigen Anklagen und nationalen Selbstbespeiungen; ein Schlußstrich ist längst, aber auch längst überfällig! Die Ära des europäischen Bürgerkrieges von 1914 bis 1945 ist längst überwunden; eine wirklich dauerhafte und tragfähige europäische Friedensordnung unsere bleibende Aufgabe; in Achtung und Respekt der Völker voreinander.
Mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland wurde eine Grundentscheidung zur >wehrhaften Demokratie< oder >streitbaren Demokratie< getroffen. Eine politische Feindschaft gegen diese Ordnung kann nicht hingenommen werden. So stellte das Bundesverfassungsgericht 1970 fest: "Die Bundesrepublik Deutschland ist eine Demokratie, die von ihren Bürgern eine Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung erwartet und einen Mißbrauch der Grundrechte zum Kampf gegen diese Ordnung nicht hinnimmt. (BVerfGE 28, 36)".
IV. Verbotsrechtfertigung I
Wenn eine, die politische Freiheit gefährdende Partei des politischen Extremismus die politischen Freiheitsrechte anderer oder die politische Freiheitsordnung eines freiheitlichen politischen Prozeßes für alle insgesamt bedroht, gefährdet oder zu zersetzen trachtet, oder wie Artikel 21 Absatz 2 des GG, als Norm der Gefahrenvorsorge formuliert, "nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgeht, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen", muß das Bundesverfassungsgericht gemäß Auftrag der Verfassung eine solche Partei verbieten. Um es zu wiederholen: Artikel 21 Absatz 2 GG ist der einzig demokratisch legitimierbare Verbotsgrund.
Auch hat niemand das Recht, auch Verwaltungsgerichte nicht, wie leider Gottes hier und da Praxis und nachzuweisen ist (ein Grund mehr im Zweifelsfall unabdingbar Pflicht zur Klarheit durch das Bundesverfassungsgericht zu fordern!), im Vorgriff das Parteienprivileg anzutasten, solange nicht das Bundesverfassungsgericht eine Partei verboten hat.
Zur Feststellung dieses Verbotstatbestandes ist eine "aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung" (BverfG), die sich aus den Zielen ODER aus dem zurechenbaren Verhalten der Funktionäre oder Anhänger ergibt, nachzuweisen. Als "aktiv kämpferische und aggressive Haltung" sieht das Verfassungsgericht "ein fortlaufendes propagandistisches Untergraben der Grundordnung, d.h. ein nicht notwendig gewalttätiger politischer Kurs, der dauernd tendenziell auf deren Beseitigung gerichtet ist. Für diese Prognose wiederum sind die Ziele der Partei ausschlaggebend (BverfGE 5,85 - 143). Sie werden in einer Art gymnasialer Textexegese analysiert: anhand schriftlicher Dokumente wie dem Parteiprogramm und Schulungs- sowie Propagandamaterialien oder anhand mündlicher Äußerungen von Mitgliedern und Funktionären. (...) Die erste Verbotsalternative stellt mit verfassungswidrigen >Zielen< auf literarische Erzeugnisse und das gesprochene Wort ab. Das eigentliche physische Verhalten in Form von Gewalt oder ihrer konkreten Androhung kommt erst mit der zweiten Verbotsalternative, dem >Verhalten der Parteianhänger<, in den Blick" (Kathrin Groh).
Anders: Als "eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung" sieht das Verfassungsgericht eine Haltung des politischen Extremismus, wo dieser "planvoll das Funktionieren dieser Ordnung beeinträchtigen, im weiteren Verlauf diese Ordnung selbst beseitigen will" (BverfGE 5/85, 141).
Für Ulrich K. Preuß "ist das entscheidende Merkmal (einer extremistischen Partei; Anm. d. Verf.) die aggressive Haltung gegenüber der gegebenden Ordnung - ihre Feindschaft. Feindschaft gegenüber ihren verfassungsmäßigen Grundlagen ... Beim Parteienverbot - und übrigens auch bei der im Grundgesetz in Artikel 18 geschaffenen Möglichkeit der Aberkennung politisch relevanter Grundrechte von Individuen - geht es aber ausschließlich um die Eindämmung politischer Feindschaft jenseits des tatbezogenen Strafrechts. (...) Das Parteiverbot ist eine Maßnahme der Gefahrenabwehr, es ist, wie es das Bundesverfassungsgericht ... 1956 ausgedrückt hat, ein Akt der >Vorsorge für die Zukunft< (BverfGE 5/85, 142)".
Die zusammengetragenen Belege aus Reden und Schriften einer extremistischen Partei können wahre Abgründe (!) eröffnen, sie können auch unabdingbar schlußfolgern lassen, dass eine solche Partei bei günstiger Gelegenheit von einer illegalen Durchsetzung ihrer Ziele nicht zurückschrecken wird. Zentraler Verbotsgrund kann nur sein, und dies dürfte aber ausreichend sein (und da braucht man auch, meines Erachtens, keine weiteren Zeugnisse von "V-Leuten" mehr!), die freheitlich-demokratische Grundordnung abzuschaffen; und zwar auf >aktiv kämpferische aggressive Art und Weise<.
Exkurs: Zudem, eine wirklich offen und ehrlich, also ehrenhaft operierende Partei, die sich nicht endlos im Gestrüpp der Camouflage (Tarnung von Absichten) verloren hat, eine Partei die zum Wohle des Ganzen vorgeht, im Interesse des Allgemeinwohls und des Volkes, hat sich nicht verfassungsfeindlich oder verfassungswidrig zu gebärden, braucht folglich auch keine Angst vor "V-Leuten" zu haben. Das deutsche Volk will die Anerkennung von Verfassung und Recht, nichts anderes! Und dies ist der wahre Instinkt und Wille des Volkes, des alleinigen Souveräns; von dem alle Macht ausgeht, zu dem alle Macht auch wieder zurückzukehren hat. "Es war die große Leistung des Staates im 19. Jahrhundert gewesen, dass er - bei allen unleugbaren Schwächen - der Willkür der Großen ein Ende gemacht und die Gleichheit der Staatsbürger vor dem Gesetz zumindest grundsätzlich verwirklicht hatte. Vielleicht hat die Flamme der Freiheitssehnsucht im deutschen Volk nicht so hell gebrannt wie in anderen europäischen Nationen; in ihrer Anhänglichkeit an das Recht und in ihrer Empfindlichkeit gegen dessen Verletzung ließen sich die Deutschen kaum von ihren Nachbarn übertreffen; der Staat und seine Repräsentanten hatten dabei voranzugehen. ... Daß nicht nur der Privatmann, sondern auch Monarchen, Regierungen, Behörden und sogar das Militär AN DIE VERFASSUNG, an Gesetze und Verträge gebunden waren ... das waren Errungenschaften, die das deutsche Volk ... nicht preisgegeben wissen wollte" (Otto B. Roegele). Und so ist es auch heute noch!
Der offene, ehrliche und anständige politische Kampf ist ein Ringen, wo man sich so verhält, als wenn jeweils der Staatsanwalt neben einem stände. So einfach ist das, und so sehe ich das! Alles andere ist verheerend kontraproduktiv und katastrophal unpolitisch. Politischer Extremismus aus ideologischer Verblendung ist ein Akt der schieren Erfolglosigkeit! Politik ist immer primär ein geistiger Prozeß! Weil Politik primär immer nur die Kunst des Möglichen ist, um anschließend dann überhaupt einmal zum Eigentlichen der Politik vorstoßen zu können: Die Kunst das Notwendige auch durchzusetzen.
Gelächter bei denen die es angeht? Was soll`s, diese werden immer nur über eine komplett isolierte Splitterpartei verfügen, sich selbst und >selbstverschuldet< in der Sozialunwirksamkeit haltend, mit kümmerlichen 0,X Prozent bei den Bundestagswahlen über Jahrzehnte dahinvegetieren, bedeutungslos als Marginal-, Rand- oder Nischenexistenz, als ohnmächtige Randgruppe eines hoffnungslosen Sektierertums und Subkultur, mit Wahlerfolgen im Promillebereich; schlicht bedeutungslos, allenfalls fähig zu verlags- und devotionalienhändlerisch kolorierten Gastspielrollen (!), voller konstitutioneller Unfähigkeit überhaupt etwas zu bewegen, ein elektoral erfolgloser Personenzusammenschluß mit der ganz besonderen "Fähigkeit" zu einem >selbstverschuldeten< Parteiverbot. Die Quittung hierzu braucht dann nur noch entgegengenommen zu werden; sie wird auch nicht lange auf sich warten lassen.
Wie anders? Das ist der Glaube an die Kraft der Argumentation, der Glaube an Wahrheit und Gerechtigkeit, wenn man es nur versteht, dies auch in der richtigen Art und Weise begreiflich zu machen, so wird die Öffentlichkeitswirksamkeit nicht versagt bleiben. Denn auch das ist Demokratie: die Möglichkeit der Durchsetzbarkeit von Argumentationen, die ganz einfach auf Massenwirksamkeit stoßen müßen, weil man sich ihnen nicht entziehen kann! Die Unüberwindbarkeit in einem politischen Ringen mit Sinn und Verstand, nämlich ohne Extremismus und mit Maß, Ziel und Augenmaß, politischer Klugheit, in der richtigen Art und Weise, mit der richtigen Strategie und Taktik, mit dem Vorgehen großer deutscher Strategen wie Carl Clausewitz und Alfred Schlieffen, die Anerkennung der Realpolitik, vor allem anderen aber die Erkenntnis und die strikte Befolgung und volle Anwendung derselben: Politik ist Politik und Zeitgeschichte ist Zeitgeschichte! Die Geschichte wiederholt sich nicht! Verhängnisvoll und erfolglos ist es, beides, Geschichte und Politik, miteinander närrisch und infantil zu vermengen. Resultat: eine komplett isolierte Splitterpartei über Jahrzehnte hinweg. Von Anfang an ohne jede Aussicht dies je überwinden zu können. Und man sieht es ja. Abwege und Irrwege die zu einem selbstverschuldeten Verbot führen; und was wurde da nicht alles zuvor, auch an jugendlicher Kraft und Idealismus, sinnlos verheizt. Und wie viele werden es verfluchen, weil sie eine falsche, kontraproduktive und unpolitische Orientierung erhielten? Und wie erst dem Großen und Ganzen gegenüber, weil man auch hier verheerend falsch, kolossal kontraproduktiv und katastrophal unpolitisch verfuhr! Das Ganze geriet fraglos in die falschen Hände; für die Akteure war es um viele Nummern zu groß.
Geschichte bedeutet Erforschung der Vergangenheit, Politik ist die von der Verfassung erlaubte Durchsetzung von Interessen im Rahmen des Staates oder mit Hilfe des Staates in Gegenwart und Zukunft. Geschichte und Politik befassen sich also nicht nur mit unterschiedlichen Zeiten, sondern sind einerseits als Forschung, andererseits als Gestaltung öffentlicher Angelegenheiten ihrem Charakter nach völlig verschieden. Die Geschichte wirkt in die Politik in Form geltender Verträge, Gesetze, Verpflichtungen, Völkerrechtsnormen und Rechtsansprüche, aber sonst folgt sie den Geboten der Interessensdurchsetzung. Politik als Durchsetzung von Interessen ist die Gestaltung von Gegenwart und Zukunft, eine Partei ist kein historischer Verein. Absolut lächerlich die Partei, die aus den katastrophalen Irrwegen der Geschichte nicht die richtigen Lehren gezogen hat und verblendet den Schalmeien infantiler politischer Demokratieutopisten und Heilsbringer folgt; wie unpolitisch und kontraproduktiv das Ganze. Ende des Exkurses.
Ein Parteiverbot ist und bleibt gerechtfertigt: "Die sich unter dem Grundgesetz politisch organisierende Gemeinschaft verständigt sich im Parteiverbot über die Grundlagen der gemeinsamen politischen Ordnung und deren Grenzen, nicht aber geht es um Ziele und Verhalten, die innerhalb des einmal von der Verfassung gesteckten Rahmens liegen." (Martin Morlok)
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat in der bisherigen Geschichte der Bundesrepublik zweimal ein Parteiverbot ausgesprochen, gegen die SRP und gegen die KPD. Vielfach kann auf diese Verbotsjudikatur zurückgegriffen und angeknüpft werden. Im Urteil aus dem Jahre 1952, dem Urteil im Parteiverbotsverfahren gegen die Sozialistische Reichspartei (vom 23. Oktober 1952 - 1 BvB 1/51 - BverfGE 2, S. 1ff), heisst es unter anderem:
"4. Art. 21 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GG ist unmittelbar anwendbares Recht. Das gilt auch für Abs. 1 Satz 3 dieser Vorschrift insoweit, als er es verbietet, daß eine Partei sich in grundsätzlicher Abweichung von demokratischen Prinzipien organisiert.
5. Erreicht die Abkehr von demokratischen Organisationsgrundsätzen in der inneren Ordnung einer Partei einen solchen Grad, daß sie nur als Ausdruck einer grundsätzlich demokratiefeindlichen Haltung erklärbar ist, dann kann, namentlich wenn auch andere Umstände diese Einstellung der Partei bestätigen, der Tatbestand des Art. 21 Abs. 2 GG erfüllt sein."
Es heißt dort weiterhin:
"Die besondere Bedeutung der Parteien im demokratischen Staat rechtfertigt ihre Ausschaltung aus dem politischen Leben nicht schon dann, wenn sie einzelne Vorschriften, ja selbst ganze Institutionen der Verfassung mit legalen Mitteln bekämpfen, sondern erst dann, wenn sie oberste Grundwerte des freiheitlichen demokratischen Verfassungsstaates erschüttern wollen. Diese Grundwerte bilden die freiheitliche demokratische Grundordnung, die das Grundgesetz innerhalb der staatlichen Gesamtordnung - der >verfassungsmäßigen Ordnung< - als fundamental ansieht. Dieser Grundordnung liegt letztlich nach der im Grundgesetz getroffenen verfassungspolitischen Entscheidung die Vorstellung zugrunde, daß der Mensch in der Schöpfungsordnung einen eigenen selbständigen Wert besitzt und Freiheit und Gleichheit dauernde Grundwerte der staatlichen Einheit sind. Daher ist die Grundordnung eine wertgebundene Ordnung. Sie ist das Gegenteil des totalen Staates, der als ausschließliche Herrschaftsmacht Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit ablehnt. Die Vorstellung des Vertreters der SRP, es könne verschiedene freiheitliche demokratische Grundordnungen geben, ist falsch. Sie beruht auf einer Verwechslung des Begriffs der freiheitlichen demokratischen Grundordnung mit den Formen, in denen sie im demokratischen Staat Gestalt annehmen kann. So läßt sich die freiheitliche demokratische Grundordnung als eine Ordnung bestimmen, die unter Ausschluß jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition."
Im Verbotsurteil des Ersten Senats des BverfG gegen die KPD (vom 17. August 1956 - 1 BvB 2/51 - BverfGE 5, S. 85ff) heisst es unter anderem:
"6. Art. 21 Abs. 2 GG verlangt nicht wie § 81 StGB ein konkretes Unternehmen; es genügt, wenn der politische Kurs der Partei durch eine Absicht bestimmt ist, die grundsätzlich und dauernd tendenziell auf die Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet ist. (...)
8. Eine Partei ist schon dann verfassungswidrig, wenn sie eine andere soziale und politische Ausprägung der freiheitlichen Demokratie als die heutige in der Bundesrepublik deshalb erstrebt, um sie als Durchgangsstadium zur leichteren Beseitigung jeder freiheitlichen demokratischen Grundordnung überhaupt zu benutzen
9. Zu den Absichten, die eine Partei verfassungswidrig im Sinne des Art. 21 Abs. 2 GG machen, gehören nicht nur diejenigen, die sie auf jeden Fall auszuführen gedenkt, sondern auch diejenigen, die sie nur verwirklichen will, wenn die Situation dafür günstig ist."
Es heisst dort weiterhin:
"Diese freiheitliche demokratische Ordnung nimmt die bestehenden, historisch gewordenen staatlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse und die Denk- und Verhaltensweisen der Menschen zunächst als gegeben hin. Sie sanktioniert sie weder schlechthin noch lehnt sie sie grundsätzlich und im ganzen ab; sie geht vielmehr davon aus, daß sie verbesserungsfähig und -bedürftig sind. Damit ist eine nie endende, sich immer wieder in neuen Formen und unter neuen Aspekten stellende Aufgabe gegeben; sie muß in Anpassung an die sich wandelnden Tatbestände und Fragen des sozialen und politischen Lebens durch stets erneute Willensentschließungen gelöst werden. Die freiheitliche Demokratie lehnt die Auffassung ab, daß die geschichtliche Entwicklung durch ein wissenschaftlich erkanntes Endziel determiniert sei und daß folglich auch die einzelnen Gemeinschaftsentscheidungen als Schritte zur Verwirklichung eines solchen Endzieles inhaltlich von diesem her bestimmt werden können. Vielmehr gestalten die Menschen selbst ihre Entwicklung durch Gemeinschaftsentscheidungen, die immer nur in größter Freiheit zu treffen sind. Das ermöglicht und erfordert aber, daß jedes Glied der Gemeinschaft freier Mitgestalter bei den Gemeinschaftsentscheidungen ist. Freiheit der Mitbestimmung ist nur möglich, wenn die Gemeinschaftsentscheidungen - praktisch Mehrheitsentscheidungen - inhaltlich jedem das größtmögliche Maß an Freiheit lassen, mindestens aber ihm stets zumutbar bleiben. Anstelle eines vermeintlich vollkommenen Ausgleichs in ferner Zukunft wird ein relativer ständiger Ausgleich schon in der Gegenwart erstrebt. Wenn als ein leitendes Prinzip aller staatlichen Maßnahmen der Fortschritt zu >sozialer Gerechtigkeit< aufgestellt wird, eine Forderung, die im Grundgesetz mit seiner starken Betonung des >Sozialstaats< noch einen besonderen Akzent erhalten hat, so ist auch das ein der konkreten Ausgestaltung in hohem Maße fähiges und bedürftiges Prinzip. Was jeweils praktisch zu geschehen hat, wird also in ständiger Auseinandersetzung aller an der Gestaltung des sozialen Lebens beteiligten Menschen und Gruppen ermittelt. Dieses Ringen spitzt sich zu einem Kampf um die politische Macht im Staat zu. Aber es erschöpft sich nicht darin. Im Ringen um die Macht spielt sich gleichzeitig ein Prozeß der Klärung und Wandlung dieser Vorstellungen ab. Die schließlich erreichten Entscheidungen werden gewiß stets mehr den Wünschen und Interessen der einen oder anderen Gruppe oder sozialen Schicht entsprechen; die Tendenz der Ordnung und die in ihr angelegte Möglichkeit der freien Auseinandersetzung zwischen allen realen und geistigen Kräften wirkt aber - wie noch dargelegt werden wird - in Richtung auf Ausgleich und Schonung der Interessen aller. Das Gesamtwohl wird eben nicht von vornherein gleichgesetzt mit den Interessen oder Wünschen einer bestimmten Klasse; annähernd gleichmäßige Förderung des Wohles aller Bürger und annähernd gleichmäßige Verteilung der Lasten wird grundsätzlich erstrebt. Es besteht das Ideal der >sozialen Demokratie in den Formen des Rechtsstaates<.
Die staatliche Ordnung der freiheitlichen Demokratie muß demgemäß systematisch auf die Aufgabe der Anpassung und Verbesserung und des sozialen Kompromisses angelegt sein; sie muß insbesondere Mißbräuche der Macht hemmen. Ihre Aufgabe besteht wesentlich darin, die Wege für alle denkbaren Lösungen offenzuhalten, und zwar jeweils dem Willen der tatsächlichen Mehrheit des Volkes für die einzelnen Entscheidungen Geltung zu verschaffen, aber diese Mehrheit auch zur Rechtfertigung ihrer Entscheidungen vor dem ganzen Volke, auch vor der Minderheit zu zwingen. Dem dienen die leitenden Prinzipien dieser Ordnung wie auch ihre einzelnen Institutionen. Was die Mehrheit will, wird jeweils in einem sorgfältig geregelten Verfahren ermittelt. Aber der Mehrheitsentscheidung geht die Anmeldung der Forderungen der Minderheit und die freie Diskussion voraus, zu der die freiheitliche demokratiche Ordnung vielfältige Möglichkeiten gibt, die sie selbst wünscht und fördert, und deshalb auch für den Vertreter von Minderheitsmeinungen möglichst risikolos gestaltet. Da die Mehrheit immer wechseln kann, haben auch Minderheitsmeinungen die reale Chance, zur Geltung zu kommen. So kann in weitem Maße Kritik am Bestehenden, Unzufriedenheit mit Personen, Instituitonen und konkreten Entscheidungen im Rahmen dieser Ordnung positiv verarbeitet werden. In die schließlich erreichte Mehrheitsentscheidung ist immer auch die geistige Arbeit und die Kritik der oppositionellen Minderheit eingegangen. Weil Unzufriedenheit und Kritik mannigfache, selbst drastische Ausdrucksmöglichkeiten besitzen, zwingt die Einsicht in die Labilität ihrer Position die Mehrheit selbst, die Interessen der Minderheit grundsätzlich zu berücksichtigen.
Daß diese Ordnung funktionieren, daß sie das Gesamtwohl schließlich in einer für alle zumutbaren Weise verwirklichen könne, wird durch ein System rechtlich gesetzter oder vorausgesetzter Spielregeln sichergestellt, die sich auf Grund der geschilderten Prinzipien in einer langen historischen Entwicklung ergeben haben. Die mannigfach gesicherte politische Meinungs- und Diskussionsfreiheit und die Vereinigungsfreiheit führen zum Mehrparteiensystem und zum Recht auf organisierte politische Opposition. Freie Wahlen mit regelmäßiger Wiederholung in relativ kurzen Zeitabständen sichern die Kontrolle des Volkes über die Benutzung der Macht durch die politische Mehrheit. Die Regierung ist der Volksvertretung gegenüber verantwortlich. Das Prinzip der Aufteilung der Staatsmacht auf verschiedene, sich gegenseitig kontrollierende und hemmende Träger dient der Vermeidung übermäßiger Machtkonzentration an einer Stelle im Staat. Das gleiche Ziel verfolgt die Abspaltung von Bereichen der Staatstätigkeit aus der zentralen Leitung durch Übertragung an Körperschaften und Personengemeinschaften zu grundsätzlich selbstverantwortlicher Wahrnehmung. Dem Bürger wird eine freie Sphäre durch die Anerkennung von Grundrechten und ein weitgehender Schutz durch unabhängige Gerichte gesichert. Dem Schutz des ganzen Systems dient vor allem die Verfassungsgerichtsbarkeit. Da diese Ordnung wegen ihrer Offenheit und ihrer mannigfachen Gewährleistungen von Freiheiten und Einflüssen auch eine gefährdete Ordnung ist, schützt sie sich gegen Kräfte, die ihre obersten Grundsätze und ihre Spielregeln prinzipiell verneinen, durch Vorschriften wie Art. 18 und 21 GG."
V. Verbotsrechtfertigung II
Parteienverbote sollten nicht dazu da sein, Politische Justiz zu betreiben, indem juristische Verfahren zu politischen Zwecken verwendet werden, durch eine politische Instrumentalisierung des Rechts ("Das Parteiverbot nach Art. 21 Abs. 2 GG darf aber nicht auf ein ideologisches Staatsschutzdelikt reduziert werden - Volker Neumann -."), sie sollten nicht dazu da sein, eine Unterscheidung zwischen politischer Gesinnung und konkretem Verhalten durchzuführen, sie sollten nicht dazu da sein, den politischen Freund vom politischen Feind zu unterscheiden, zu einer "Vergewaltigung der überstimmten und damit unterdrückten Minderheit" zu führen und somit die Formen des Rechts sprengen (Ist es Recht, ist es gerecht?), eine kollektive Gesinnungsstrafe zu produzieren, "die an das Haben, Äußern und Eintreten für eine Meinung anknüpft", oder mißliebige Parteien aus dem politischen Diskurs oder Wettbewerb auszuschalten, zur Absicherung des eigenen Parteienmonopols oder der eigenen Parteienoligarchie. Verbotsmißbrauch darf nicht eintreten, und dem wurde auch vom Grundgesetz vorgebeugt.
Unsere Verfassung hat ein Parteiverbot beim Bundesverfassungsgericht monopolisiert, nur dieses oberste Gericht entscheidet über die rechtliche Voraussetzung eines Verbots. Das Grundgesetz hat folglich ein Parteiverbot, jeden leichtfertigen Umgang hiermit ausschließend, "der Entscheidung einem vom Parteienwettbewerb distanzierten, aufgrund rechtlicher, nicht politischer Kriterien entscheidenden Organ übertragen, nämlich dem BverfG. Seine Aufgabe besteht nicht darin, die Regierungsentscheidung nachträglich auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen. Es trifft die Entscheidung selbst, und diese wirkt konstitutiv." (Dieter Grimm). Zum Antrag eines Parteiverbots heißt es bei Dieter Grimm: "Es muß der Nachweis geführt werden, daß die Voraussetzungen, die das Grundgesetz für ein Parteiverbot aufstellt, vorliegen. Das ist die Sache des Antragstellers, also von Bundestag oder Bundesrat oder Bundesregierung. Wer den Antrag stellt, hat die Gründe,
auf die sich die Einschätzung der Verfassungswidrigkeit stützt, beizubringen. Das folgt aus § 45 des Bundesverfasssungsgerichtsgesetzes ... (...) Von der Stichhaltigkeit des Nachweises hängt also alles ab." Das Bundesverfassungsgericht beabsichtigt nicht, mit einem Parteiverbot in den politischen Meinungskampf einzugreifen.
VI. Pflicht zur Gegenwehr - Pflicht zum Verbotsantrag
Der politische Extremismus zeigt sein wahres Gesicht durch eine "aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung" (BverfG) und "ein fortlaufendes propagandistisches Untergraben dieser Grundordnung", er zeigt sich durch eine permanente Hetze gegen politische Repräsentanten, in der unglaublichsten, brachial-skrupellosesten Art und Weise ("innergesellschaftliche Feinderklärungen"), durch großmäulige und verbale Drohungen voller Grössenwahn und in kolossaler Selbstüberschätzung gegenüber den Etablierten, er zeigt sich in völliger Verachtung der Spielregeln und Wertvorstellungen des demokratischen Verfassungsstaates, in hoffnungsloser ideologisch-dogmatischer Verblendung, Verstiegen- und Versessenheit, unhaltbar redend von der "Abenddämmerung der Berliner Besatzerrepublik", selbst aber durch und durch unfähig zu jeder eigenen "Morgenröte", weil im Grunde konstitutionell schon unfähig irgendetwas zu bewegen, sich aber schon im "bevorstehenden Endkampf", in "Zwischenschritten zur absoluten Macht" sich wähnend (von ideologischem Wahn besessen und auf kolossale Irrwege getrieben!), eine durch und durch antidemokratische und somit totalitäre Gesinnung offenbahrend, jeden Abweichler als "systemangepaßt" diffamierend, ihn betricksend, niederhaltend und ausgrenzend, zudem offen propagierend:
"Wir sind keine Partei neben anderen, sondern eine Partei gegen alle anderen und das System", oder: "das System hat keine Fehler, das System ist der Fehler", und so weiter und so fort.
Zum "Freund-Feind-Denken" sei folgendes angemerkt: "Wenn ein relevanter Teil des Volkes in den staatlichen Machtträgern Feinde sieht oder einen anderen äußeren Feind als der Staat bestimmt, wenn also gesellschaftliche Konflikte den Intensitätsgrad des Politischen erreichen, steht der Staat vor der Alternative, die politische Einheit durch eine innerstaatliche Feinderklärung und deren Durchsetzung wiederherzustellen oder im Bürgerkrieg zu zerfallen. Die siegreiche Bürgerkriegspartei konstituiert dann die politische Einheit neu. Eine Schlichtung der innerpolitischen Konflikte durch das Recht ist ausgeschlossen. (...) Bereits Hermann Heller hatte angemerkt, daß die Freund-Feind-Theorie den dynamischen Prozeß innerstaatlicher Einheitsbildung nicht in den Blick bekomme (Hermann Heller: >Politische Demokratie und soziale Homogenität<, in: Probleme der Demokratie, Berlin 1928). In der Tat ist eine Theorie, die innerstaatliche Konflikte in der Perspektive von Feindschaft und Bürgerkrieg wahrnimmt, wenig geeignet, Konflikte in Verfassungsstaaten mit parlamentarischer Demokratie, Grundrechten, gesetzmäßiger Verwaltung und unabhängiger Justiz angemessen zu erfassen. (Volker Neumann)".
Um den hier nur skizzierten Feinden (aber was braucht es noch mehr Striche, das Porträt ist längst fertig!) der demokratischen Freiheit zu begegnen, verweist Karl Dietrich Bracher auf eine "Pflicht zur Gegenwehr", eine Pflicht zum Verbotsantrag und somit zum Handeln. Er stellt fest: "Gerade die Nichteinleitung eines Verbotsantrags und Verfahrens bewirkt entsprechend dem ursprünglichen Sinn des Grundgesetzes, daß diese (extremistische) Partei als verfassungsmäßig gilt. Denn andernfalls wäre ja nach Artikel 21 Abs. 2 GG ein Verfahren gegen sie einzuleiten. (...) Es ist jedenfalls sinnvoll, in dieser Situation der unbewiesenen Vermutungen und Prognosen Klarheit zu schaffen, und dies geschieht nur durch einen Antrag der dazu Berechtigten und die darauf ergehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat sind unter diesen Umständen ... dazu geradezu verpflichtet."
Auch Rudolf Wassermann hebt dies unmissverständlich hervor: "Was das Parteiverbotsverfahren angeht, so wird dabei übersehen, daß den antragsberechtigten Organen entgegen der herrschenden Ansicht kein Ermessen zusteht. Sofern der Tatbestand des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG erfüllt ist und hinreichendes Beweismaterial vorhanden ist, besteht eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Antragstellung (so richtig Ipsen in: Sachs GG, 2. Aufl., Art. 21 Rn 173). (...) Schließlich gibt es auch einen Automatismus politischer Glaubwürdigkeit, der von der Ankündigung zur Tat drängt. Man kann nicht immer nur den Mund spitzen, man muß auch pfeifen."
Ähnlich sieht es Ernst Benda wenn er schreibt: "Das Grundgesetz zwingt die Antragsberechtigten - Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat - nicht zu einem Verbotsantrag, wenn die Partei verfassungswidrige Ziele verfolgt. Aber sie dürfen solchem Treiben nicht gleichmütig zusehen. ... Eine nichtverbotene Partei verfügt über alle Rechte, die jeder anderen politischen Partei zur Verfügung stehen. Es ist nicht möglich, bei der Bereitstellung städtischer Versammlungsräume, der Veranstaltung von Demonstrationen, der Vergabe von Sendezeiten im Rundfunk oder bei der staatlichen Parteienfinanzierung zwischen demokratischen Parteien und solchen zu unterscheiden, die man als .... extremistisch burteilen kann. ... Will dabei der Staat glaubwürdig bleiben, ... muß (er) die ihm mögliche Maßnahme treffen ... Diese zerschlägt, wenn sie zum Erfolg führt, nicht die einzige, aber eine der gefährlichsten Zentralen, in denen der Extremismus organisiert und propagandistisch und logistisch unterstützt wird. Die Entscheidung sollte rasch getroffen werden, sobald alle Erkenntnisse ausgewertet sind."
Demokratie ist immer Kampf um Demokratie, wie Recht immer Kampf um Recht und Wahrheit und Gerechtigkeit immer Kampf um Wahrheit und Gerechtigkeit ist. Jede Generation muss sich der Demokratie neu versichern. Wenn Demokratie ein Kampf, ein stetiges Ringen um Demokratie ist, ist sie folglich ein Prozeß, ein Entwicklungsprozeß. Dies folgt etwa auch aus einer Feststellung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1956, wo dargelegt wird: "Es sind freiheitlich-demokratische, für die Dauer geschaffene Verfassungen denkbar und eine Wirklichkeit, die die rechtliche Möglichkeit eines Parteiverbotes nicht kennen." (BverfGE 5, 85). Aber diese Zeit ist noch nicht gekommen!
Der politische Extremismus muß auch mit einem Parteiverbot zurückgeschlagen werden; weil er im Keim jeden vernünftigen politischen Erneuerungsansatz verheerend mit erstickt und kolossal diskreditiert. Etwa die unabdingbare demokratische, nationale und soziale Erneuerung in diesem unserem Lande. Politischer Extremismus der Kontraproduktivität und der verheerend unpolitischen Verhaltensweisen ist rundum zersetzend. Deshalb auch kein Pardon.
VII. Anhang: Verfahrensvorschriften aus dem Gesetz über das Bundesverfassungsgericht (BverfGG)
§ 13
Das Bundesverfassungsgericht entscheidet in den vom Grundgesetz bestimmten Fällen, und zwar
(...)
2. über die Verfassungswidrigkeit von Parteien (Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes) ...
§ 15
(...)
(4) Im Verfahren gemäß § 13 Nr. (...) 2 (=Parteiverbot) (...) bedarf es zu einer dem Antragsgegner nachteiligen Entscheidung in jedem Fall einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Senats. (=sechs Richter/Richterinnen) (...)
§ 32
(1) Das Bundesverfassungsgericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.
§ 43
(1) Der Antrag auf Entscheidung, ob eine Partei verfassungswidrig ist (Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes), kann von dem Bundestag, dem Bundesrat oder von der Bundesregierung gestellt werden.
(2) Eine Landesregierung kann den Antrag nur gegen eine Partei stellen, deren Organisation sich auf das Gebiet ihres Landes beschränkt.
§ 45
Das Bundesverfassungsgericht gibt dem Vertretungsberechtigten (§ 44) Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist und beschließt dann, ob der Antrag als unzulässig oder als nicht hinreichend begründet zurückzuweisen oder ob die Verhandlung durchzuführen ist.
§ 46
(1) Erweist sich der Antrag als begründet, so stellt das Bundesverfassungsgericht fest, daß die politische Partei verfassungswidrig ist.
(2) Die Feststellung kann auf einen rechtlich oder organisatorisch selbständigen Teil einer Partei beschränkt werden.
(3) Mit der Feststellung ist die Auflösung der Partei oder des selbständigen Teiles der Partei und das Verbot, eine Ersatzorganisation zu schaffen, zu verbinden. Das Bundesverfassungsgericht kann in diesem Fall außerdem die Einziehung des Vermögens der Partei oder des selbständigen Teiles der Partei zugunsten des Bundes oder des Landes zu gemeinnützigen Zwecken aussprechen.