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Zum 9. November endlich die Frage nach der Funktionsfähigkeit unserer Demokratie stellen!
oder:
Soziale Pluralität als Grundelement einer freiheitlichen Gesellschaft:
Pluralismus und Pluralismuskritik
Zur Parteiendemokratie gibt es keine brauchbare Alternative!
"Kein Genre ist so
Kern der Meinungsfreiheit
wie die Literatur."
Bundeskanzlerin Dr. Dr. h.c. Angela Merkel
Frankfurter Buchmesse 13. 10. 2009
"Wir wollen eine neue Ordnung, die alle Deutschen zu Trägern des Staates macht und ihnen Recht und Gerechtigkeit verbürgt."
Claus Graf Schenk von Stauffenberg (+ 20. Juli 1944)
(zitiert nach >>Das Gewissen steht auf<<,
Mosaik Verlag 1954. S. 231)
"Wir wollen hier nicht urteilen über die verschiedenen möglichen Staatsformen, nur eines will eindeutig und klar herausgehoben werden, jeder Mensch hat Anspruch auf einen brauchbaren und gerechten Staat, der die Freiheit des Einzelnen als auch das Wohl der Gesamtheit sichert.
Freiheit der Rede, Freiheit des Bekenntnisses, Schutz des einzelnen Bürgers vor der Willkür verbrecherischer Gewaltstaaten.
Das sind die Grundlagen des neuen Europa.“
Aus den Flugblättern der Widerstandsbewegung „Die Weisse Rose“; 1943; (Unmittelbare Quelle: Zitat eingemeißelt auf einen Gedenk-Marmorquader im Münchner Hofgarten hinter der Bayerischen Staatskanzlei)
I. Grundsätzliches
Von einem Engländer, nämlich Winston Churchill, stammt der Ausspruch: "Die Demokratie ist das schlechteste aller Systeme - mit Ausnahme aller anderen." Folglich werden wir an unserer grundsoliden Verfassung, wie das Grundgesetz sie darstellt, eine der besten Verfassungen der Welt, festhalten. Damit wir nicht noch zusätzlich vom Regen in die Traufe kommen.
Was jedoch nicht heißt, endlich Abstand zu nehmen von einem gravierenden Defizit in unserer Republik, nämlich der gravierenden Unterschiedlichkeit von Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit, der geschriebenen Verfassung einerseits und der politischen Praxis andererseits. Dies muß unabdingbar notwendig ausgeräumt werden, durch eine Demokratieerneuerung und Demokratievervollkommnung. Auch eine politische Zweidrittelgesellschaft, die im Übrigen auch eine soziale Zweidrittelgesellschaft unabdingbar hervorbringt, geht, wie der Krug, nur so lange zu Wasser bis sie bricht. Der sozialen Pluralität als Grundelement einer freiheitlichen Gesellschaft muß endlich mit mehr Toleranz entgegen getreten werden. Dies sei ungeschminkt so dargestellt.
Die Demokratie gehört, so Prof. Dr. Ernst Fraenkel und Prof. Dr. Karl Dietrich Bracher 1967, zum „verfassungsrechtlichen Naturrecht des 20. Jahrhunderts“. Sie wird auch für das bislang überschaubare 21. Jahrhundert zum verfassungsrechtlichen Naturrecht gehören, denn wir sind seitdem nicht dümmer geworden. Zur Demokratie, so wie sie von unserer grundsoliden Verfassung, dem Grundgesetz, vorgegeben ist, basierend auf einer mehr als 2000-jährigen christlich-abendländischen Entwicklung der politischen Philosophie und Geistesgeschichte: in der Arbeit an einem freiheitlichen und sozial gerechten >politischen Systemtypus<, auch wie sie schon grundgelegt wurde in der Frankfurter Paulskirchenverfassung (1848/1849) oder der Weimarer Reichsverfassung (1919), und auch in Bezug auf den Föderalismus in der Bismarckschen Reichsverfassung von 1871, gibt es bislang keine sozial-verantwortbare brauchbare Alternative. [Unsere Verfassungsgeber im Parlamentarischen Rat hätten sich ohnehin an 1848/1849 und 1919 orientiert, und taten dies 1949 auch! Da brauchten wir keine Alliierten Oktroyierungen, die wir auch nicht akzeptierten - vor allem unser größter Staatsmann (nicht nur Politiker!) in der bisherigen Nachkriegsrepublik nicht: Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer. Folglich wurden wir auch bei der Verfassungsgebung nicht fremdbestimmt. Siehe auch meinen diesbezüglichen Beitrag >60 Jahre Grundgesetz ...< weiter unterhalb mit der Direktanklickung: http://www.carookee.de/forum/rbi/60_Jahre_solides_Grundgesetz_GG_40_Jahre_politische_Unfreiheit_des_Nationalpatriotismus.24916860-0-01103 Ergo: Es war 1949 eine deutsche Verfassungsneuschöpfung, und nochmals großer bleibender Dank hierfür an die deutschen Mütter und Väter des Grundgesetzes.] Sie müßte erst noch erdacht und entwickelt werden, was allerdings nicht ausgeschlossen werden kann. Keine Alternative, bei einer auch wirklich der Verfassung entsprechenden funktionierenden Demokratie, zu ihrer größtmöglichen Freiheitssicherung, zu ihrer Attraktivität, zu ihren Chancen und ihrer Leistungsfähigkeit. Und diese Demokratie hat im 20. Jahrhundert zwei Systeme des Totalitarismus zur Strecke gebracht. Wer wollte dies bestreiten!
Und in der Demokratie ist permanenter Kampf um Demokratie [wie Recht immer permanenter Kampf um Recht, soziale Gerechtigkeit und Wahrheit immer permanenter Kampf um die Nämlichen sind], quasi tagtäglich, eine Aufgabe die sich jeder Generation neu stellt: Kampf um ihren Erhalt und Stabilität, Kampf um ihre Verbesserung, Vervollkommnung und auch Erneuerung. Und besonders gerade dann, wenn sie sich in einem Status der Pervertierung und Entartung, in einer Verfälschung durch Demokratiefalschmünzer und Demokratieverfälscher befindet. Indem das Verfassungsrecht durch die Verfassungswirklichkeit pervertiert wird. Eine Mitte-Links-Parteienoligarchie (und von einer >>Parteienoligarchie<< sprach Prof. Dr. Karl Jaspers schon 1966!!), durch Ausgrenzung einer ganzen politischen Strömung, nämlich derjenigen, zu der ich mich zähle: der wertkonservativen oder internalisiert demokratischen und seriösen nationalpatriotischen, das dritte Lager in unserer Republik, kann nur eine „Demokratur“ sein. Gelinder: Eine Demokratie mit erheblichen oder gravierenden, mehr noch verheerenden Defiziten, die sich anschickt den Bruchpunkt ins Unheil zu überschreiten oder längst schon überschritten hat. Denn der freiheitliche Meinungs- und Willensbildungsprozess ist konstituierend für eine Demokratie. Die Demokratie hat keine Fehler, die verfälschte Demokratie ist der Fehler!
Was will die wertkonservative oder internalisiert demokratische und seriöse nationalpatriotische Strömung oder das dritte Lager, die bei richtiger Ansprache ad hoc 15, 20 und mehr Prozent des Volkes umfassen würde, denn schon bei den 30 oder 40 Prozent Nichtwählern sind „ein Drittel konstante Nichtwähler“, wie der kompetente Wahlforscher Univ.-Prof. Dr. Jürgen Falter bestätig, und dies am Wahlabend vom 27. 9. 2009 in B5 aktuell zum Ausdruck brachte, die, wie auch ich seit 30 Jahren mit nur einer Ausnahme, nämlich im Jahre 1998 bei der Bundestagswahl, an keiner Wahl mehr teilgenommen habe, sich von keiner bislang existierenden Partei angesprochen fühlen?
Diese wertkonservative oder nationalpatriotische Strömung will keine politische und soziale Zweidrittelgesellschaft, will in der nationalen Frage (und diese ist ehern verkettet mit der demokratischen und sozialen Frage!) keine fortgesetzte Würdelosigkeit und Identitätslosigkeit, sie will eine für auch alle in unserem Volk vorhandenen politischen Strömungen, faire und gleichberechtigte Emanzipation und Partizipation am Prozeß der politischen Meinungs- und Willensbildung, die auch freie Artikulation für ihre Werte: nämlich das Festhalten an jahrhundertelang sich bewährt habenden Traditionen, Normen, Werten, (preußischen) Tugenden, den Glauben an einen Gott, die auch nationale Selbstbewahrung und Selbstbehauptung. Weil Demokratie und Patriotismus bedingen einander!
Auch wollen wir die Freiheit der Demokratie für uns gewahrt wissen, wenn wir sagen: Aus Deutschland läßt sich kein Schmelztiegel machen. Oder wie Bundeskanzler a. D. Helmut Schmidt es formulierte: "Man kann aus Deutschland, mit immerhin einer tausendjährigen Geschichte seit Otto I., nicht nachträglich einen Schmelztiegel machen." Die Völker werden im 21. Jahrhhundert vor einer Schicksalsfrage stehen: sie werden ihr Glück nur in einem Ethnopluralismus finden können.
Und so manche werden nun sagen: Für dies alles haben wir doch die Union. Haben wir doch Bundeskanzlerin Dr. Dr. h. c. Angela Merkel. Antwort: In der nationalen Frage mitnichten!
Die Union wurde leider zur Wanderdünenmitte, wo der Wertkonservativismus selbst in Spurenelementen nicht mehr auffindbar ist. Eine sogenannte "Stahlhelmfraktion" in der Union-Bundestagsfraktion, überzeugende und sprachgewaltige Wertkonservative oder Nationalpatrioten wie etwa Franz Josef Strauß, Dr. Alfred Dregger, Prof. Dr. Abelein, Jonny (Hans) Klein, sind schon lange Geschichte. Im Bewußtsein der Wertkonservativen des sogenannten "Stahlhelmflügels" konnte man noch, wie ich 13 Jahre lang, zunächst in der CDU und dann wegen dem gewählten Universitätsort in der CSU, aktives Mitglied sein, in einer bloßen >>Mitte<<-Partei konnte man es dann nicht mehr. Die Union, beide Schwesterparteien, wollen heute nur noch >>Die Mitte<< (Dr. Merkel) oder, und schrecklich ist dieser Gedanke: als ob Strauß, Dregger, Abelein und Klein je außerhalb des Verfassungsbogens gestanden hätten, die >>mittige Mitte<< (Dr. Stoiber) sein. Dies ist eine ebenso nackte wie beschämende Tatsache. Für die Lage der Union trifft leider zu, was Hans-Ulrich Jörges im Stern Nr. 39/2008 Seite 46 schrieb:
"Die CDU ist so entschlossen und so rasant in die Mitte gerückt, dass rechts von ihr viel freier Raum klafft - so viel wie nie. Doch den Konservativen fehlen Köpfe, Kraft und Konzepte, um ihn mit einer neuen Partei zu füllen. Sie können sich selbst nicht mehr definieren, es bleibt nur ein diffuses Gefühl der Heimatlosigkeit. Merkel beherrscht alles, allein."
Warum wurde dies zur Union hier so dezidiert angeführt? Um für die im zweiten Teil des vorliegenden Beitrages, die dann auch folgende Pluralismuskritik, hier schon zu sensibilisieren. Denn die Ausgrenzung der wertkonservativen oder nationalpatriotischen Strömung hängt mit einem gewichtigen Defizit des Pluralismus zusammen.
Das grundsätzliche gravierende Defizit in diesem unserem Lande liegt daran, daß die wert- oder nationalpatriotische Strömung in diesem unserem Lande, durch eine faire und gerechte politische Partizipation und Artikulation derselben, verhängnisvoll ausgegrenzt wird. Und dies nicht nur zu Lasten der demokratischen Funktionsfähigkeit, zu Lasten einer auch wirklich für alle funktionierenden Demokratie, sondern zu Lasten und Nachteil von uns allen. Denn Politik ist das Schicksal, sie prägt unserer aller Lebensqualität, Lebenssinn und Lebensmöglichkeit. Und dieses grundsätzliche Demokratiedefizit liegt ganz einfach verheerend am nicht funktionierenden Pluralismus (und der dazugehörigen Toleranz!) in unserer diesbezüglich defizitären Demokratie. Dies muß endlich korrigiert, dies muß endlich gändert werden. Unsere politische Kultur muß diesbezüglich gravierend verbessert werden.
Die Alternativlosigkeit der Demokratie zeigt sich vor allem auch an der Qualität des Pluralismus, der sozialen Pluralität als Grundelement (des freiheitlichen Meinungs- und Willensbildungsprozesses als die Demokratie erst konstituierend), neben den tragenden Grundelementen der freiheitlich repräsentativ-parlamentarischen sowie rechts- und sozialstaatlichen Gesellschaftsordnung (Gemeinschaftsordnung). Zu diesem Grundelement von zentraler Bedeutung, dem Pluralismus, gibt es ebenfalls, zumindest zurzeit und in unserer derzeitigen historischen Entwicklung, keine Alternative. Die Alternative wäre ja die staatlich verordnete, nur durch Unterdrückung zu erreichende Homogenität.
Jedoch sind auch beim Pluralismus Entartungserscheinungen und Irrwege ersichtlich. Diese Einschränkung macht gleich zu Beginn deutlich,daß dieses Grundelement Pluralismus nicht unumstritten ist. Es weist Strukturdefekte auf, die jedoch geheilt werden können, sollten und müssen. Auch hier hat die Politik den Primat voll wahrzunehmen.
II. Begriff und Wesen der sozialen Pluralität oder des Pluralismus
Unter sozialer Pluralität in einer Gesellschaft soll die Vielfalt "höchst unterschiedlicher geistiger, sozialer und weltanschaulicher Sinngebung" (Prof. Dr. Lothar Bossle), das offene Nebeneinander verschiedener Wert- und Normvorstellungen verstanden werden. Unmittelbare gesellschaftspolitische Ausprägung findet diese Verschiedenheit und Vielzahl der Ansichten und Interessen, der Überzeugungen und Meinungen, in den verschiedensten Gruppen und Verbänden, auch Interessenverbände und Interessengruppen genannt, in den Gemeinschaften und in den politischen Parteien. Letztere sind, so Prof. Dr. Kurt Sontheimer, "ebenfalls Elemente des Pluralismus doch sind sie ihrem Zweck entsprechend stärker an gesamtgesellschaftlichen Interessen und Zielen ausgerichtet als die sozialen Interessengruppen."
Das Vorhandensein einer Vielzahl von Gruppen und Verbänden ist die Folge der individuellen Freiheit, die das Selbstverständnis westlicher Demokratien prägt, als auch der industriegesellschaftlichen Entwicklung, in der Gruppen und Verbände als notwendige Begleiterscheinung der Massengesellschaft entstehen.
Die soziale Pluralität entspricht einem Grundbedürfnis menschlicher Daseinsweise im 20. Jahrhundert. So schreibt Bossle 1976: "Der Mensch will nicht nur Emanzipation, er will noch mehr die Integration. Deshalb sieht er sich in der Direktbeziehung Einzelner-Staat der Allgewalt eines totalen Staates ausgesetzt - und aus diesem Grunde der Bedrohung seiner relativen Unabhängigkeit stürzt er sich im Verlangen nach integrativer Sicherheit in Klassen-, Schichten-, Gruppen- und Verbandszugehörigkeit". Und er fügt hinzu: "Dieser anthropologische Sicherungsdruck bestätigt die vielfach geäußerte These, daß die Freiheitsidee des 19. Jahrhunderts den Vorrang an die Sicherheitsidee des 20. Jahrhunderts habe abtreten müssen. In der genossenschaftlichen, kooperativen und föderalistischen Ausformung der Demokratie-Idee hat das Sicherheits- und Integrationsbedürfnis des Menschen durchaus einen gebührenden Platz gefunden."
In einer freiheitlichen Gesellschaft wird >die natürliche Gegebenheit soziale Pluralität< anerkannt, da individuelle und gruppenmäßige Freiheit für sie konstitutiv ist. Soziale Interessengruppen erhalten die Möglichkeit der demokratischen Partizipation an der Allgemeinwohlformulierung und Allgemeinwohlgestaltung, d.h. die Mitwirkung an der politischen Meinungs- und Willensbildung. Sie sind demnach an einem Prozeß beteiligt, der Demokratie erst entstehen läßt. Fraenkel und Bracher stellen hierzu treffend fest: "Weder der Begriff Volkssouveränität noch der Text einer Verfassung reichen aus, um einen Staat als >demokratisch< zu qualifizieren. Entscheidend ist vielmehr der Prozeß der politischen Meinungs- und Willensbildung, der den formalen Anspruch der Demokratie erst mit materieller Substanz erfüllt."
Unter den vielen Definitionen von sozialer Vielfalt oder Pluralismus soll hier eine verständliche aus der Brockhaus Enzyklopädie wiedergegeben werden. "Pluralismus ist eine Staats- und Gesellschaftstheorie, die in der Koexistenz und freien Entfaltung einer prinzipiell unbegrenzt großen Zahl von Gruppen das tragende Element einer modernen Zeiterfordernissen entsprechenden demokratischen Ordnung erblickt. Der Pluralismus setzt sich für ihre Autonomie, freie Entfaltung und aktive Mitwirkung am Prozeß der politischen Willensbildung im Staat und der Ausgestaltung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Beziehungen in der Gesellschaft ein." Auch heißt es dort bemerkenswert: "Paradigma des pluralistischen Kollektivismus ist der Tarifvertrag".
Die allgemeine Definition von Pluralismus als Gruppenkonkurrenz und Einflußnahme wird von Prof. Dr. Heinrich Oberreuter jedoch als zu eng bezeichnet, denn "hinter dieser Konkurrenz steht der Freiheitsanspruch des Individuums bzw. einer Vielfalt von Individuen ... (mit) der Absicht individueller Ziel- und Wertverwirklichung."
Der pluralistische Staat ist kein Verband unter anderen Verbänden, sondern eine mit den spezifischen Mitteln des souveränen Staates geschütze politische „Lebensordnung“, in der verschiedene Gruppen freien Ursprungs untereinander um Macht und Einfluß konkurrieren und ihren Anspruch auf Teilhabe am Prozeß der staatlichen Willensbildung mit Erfolg zur Geltung bringen können. Soziale Pluralität oder Pluralismus und eine freiheitlich-demokratische Gesellschaft bedingen einander. Totalitäre Systeme, welcher Ausprägung auch immer, mit ihrer unmenschlichen, freiheitsvernichtenden Herrschaftspraxis, entstanden stets durch Beseitigung der sozialen Pluralität und Gleichschaltung aller pluralistischen Kräfte in Staat und Gesellschaft. Im totatlitären Staat gibt es keine autonome Existenz gesellschaftlicher Gruppen und folglich auch nicht deren Einflußnahme auf die staatliche Willensbildung. Totalitarismus entsteht aus der widernatürlichen Negation der sozialen Pluralität heraus. Folglich schützt ein abgesicherter Pluralismus vor totalitärem Unheil.
Auf dem 45. Deutschen Juristentag, am 22. September 1964, sprach Ernst Fraenkel, der Begründer des Neopluralismus in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, zum Thema: "Der Pluralismus als Strukturelement der freiheitlich-rechtsstaatlichen Demokratie". Hier sagte er u.a.: "Ist es angesichts der Tatsache, daß die Hinwendung zum totalen Staat aus der Negation des Pluralismus gerechtfertigt worden ist, nicht geboten, durch eine Negation der Negation zu versuchen, den Totalitarismus durch einen Neo-Pluralismus zu überwinden?" Der Pluralismus, so Fraenkel, übt „eine Freiheit garantierende Funktion" aus. Er ist der Antipode des Totalitarismus. So schreibt denn auch Bracher als wesentliche Kennzeichnung des Totalitarismus: "Der totale Staat verneint die Existenzberechtigung verschiedener, miteinander konkurrierender politischer Gruppen und Willensäußerungen und ebenso den Autonomieanspruch außerpolitischer Lebensbereiche und Kultursphären. Damit steht er in striktem Gegensatz zur liberalen oder pluralistischen Demokratie. Sein Ziel ist die Beseitigung aller persönlichen, staatsfreien Freiheitsrechte und die Auslöschung des Individuums.“
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Fortsetzung, Teil II, siehe unterhalb.