11.02.2012 00:00 Uhr, Wunsiedel
Schornsteinfegerwahl: "Schwarzer Mann" aus Berlin
Hermann Illing aus Kirchenlamitz und vier seiner Nachbarn sind mit dem Bezirkskaminkehrer unzufrieden. Sie nutzen daher eine Möglichkeit, die die EU eröffnet hat: die freie Schornsteinfegerwahl.
Kirchenlamitz - Hermann Illing und einige seiner Nachbarn sind mit ihrem Schornsteinfeger unzufrieden. Verschiedene Dinge am "Verhalten und an der Kompetenz" des für sie zuständigen Bezirkskaminkehrermeisters Horst Bayerlein aus Thierstein ärgert sie. Illing und seine "Verbündeten" nutzen daher eine Möglichkeit, die ihnen die Europäische Union eröffnet hat: die freie Schornsteinfegerwahl. Das heißt: Die Hausbesitzer sind nicht mehr an das Monopol des Bezirksschornsteinfegers gebunden, sondern können sich einen anderen Kaminkehrer nehmen - vorausgesetzt, er kommt nicht aus Deutschland, sondern einem anderen EU-Land. Für die fünf Hausbesitzer in Kirchenlamitz arbeitet daher seit Neuestem der Schornsteinfeger Roman Heit.
Hermann Illing hat einen dicken Aktenordner vor sich liegen. In der Mappe hat er die zahlreichen Schreiben und Papiere gesammelt, die den Streit mit dem Bezirkskaminkehrermeister Bayerlein dokumentieren. Es sind zum Beispiel Briefe an den Kaminkehrer selbst, an das Landratsamt oder an die Bezirksregierung. Der 46 Jahre alte Maschinenbautechniker und vier seiner Nachbarn beschweren sich unter anderem darüber, dass Horst Bayerlein den Einbau eines neuen Lüftungsrohrs für den Kachelofen gefordert habe, obwohl dies gar nicht nötig gewesen sei. Die Kirchenlamitzer vermuten, dass der Kaminkehrer nur "Geld machen" habe wollen.
Auch schimpfen die unzufriedenen Kunden darüber, dass der Bezirksschornsteinfeger die Kehrtermine nicht richtig ankündige, schwer oder gar nicht zu erreichen sei, sogar auf schriftliche Anfragen nicht antworte oder vereinbarte Termine, die er nicht einhalten könne, nicht absage. "Dabei ist er verpflichtet, seine Termine fünf Tage vorher anzukündigen", betont Hermann Illing.
Auch zeige Bayerlein Hausbesitzer an, selbst wenn sie lediglich einen Kehrtermin nicht eingehalten hätten. "Da wird man ja regelrecht kriminalisiert", beklagt ein Nachbar, der allerdings nicht namentlich genannt werden möchte. Anna-Katharina Klötzer und Jochen Hofmann dagegen wettern genauso wie Hermann Illing gegen den Schlotfeger aus Thierstein. Die 24 Jahre alte Studentin und der 38-jährige Rettungsassistent kritisieren, dass der Bezirkskaminkehrermeister sich auch weigere, für Schäden zu haften, die er beim Kehren verursache. "Ich würde dem Bezirkskaminkehrermeister ja gerne vertrauen", sagt Anna-Katharina Klötzer. "Aber ich zweifle einfach an seiner Kompetenz, und mich ärgert sein Verhalten."
Die fünf Nachbarn aus Kirchenlamitz vertrauen ihre Öfen und Kamine nun Roman Heit an, wenn es um das Kehren und Messen der Immissionswerte geht. Dass sich der Schornsteinfegergeselle aus Berlin in Kirchenlamitz um die Schornsteine und Feuerstätten kümmern darf, hat folgende Bewandtnis: Heit ist bei einem sogenannten EU-Schornsteinfeger in Österreich angestellt: Jürgen Maier aus Wolfsberg in Kärnten. Er habe sich in die Handwerksrolle in Berlin eintragen lassen. "Ich wollte unbedingt das Monopol knacken", sagt Roman Heit im Gespräch mit der Frankenpost. Deswegen habe er sich einen Kollegen gesucht, für den er arbeiten kann.
Also nimmt der 46-Jährige jetzt lange Anfahrtswege zu seinen Kunden in ganz Deutschland in Kauf, um dann zum Beispiel in Kirchenlamitz kehren zu können. Trotzdem - und das freut Heits Kunden besonders - biete er seine Dienstleistungen im Durchschnitt rund zehn bis 30 Prozent günstiger an als die örtlichen Kaminkehrer.
Vor den Kopf gestoßen fühlt sich Horst Bayerlein, als wir ihn mit den Vorwürfen konfrontieren. "Ich habe das bislang nicht so empfunden, dass es zwischen mir und Herrn Illing sowie den anderen Kunden ein Problem gibt", sagt der Bezirkskaminkehrermeister aus Thierstein. "Sie haben mir das nie so gesagt, dass sie unzufrieden sind. Mir ist das unverständlich. Und zu mir hat auch noch kein Kunde gesagt, dass ich nicht mehr ins Haus kommen darf." Was für die Sicherheit im Haus nicht nötig sei, fordere er auch nicht, betont Bayerlein. "Das sind ja keine Willkürentscheidungen, sondern bautechnische Mindestvorgaben, wenn ich etwas verlange. Ich muss mich versichern, dass alles in Ordnung ist. Schließlich geht es auch um versicherungsrechtliche Fragen."
Wenn vom nächsten Jahr an auch deutsche Kaminkehrer ihre Dienste überall anbieten dürfen, befürchtet Bayerlein großen bürokratischen Aufwand. Die Bezirkskaminkehrermeister würden dann zu Bezirksverwaltern. Ihnen gegenüber müssten die Schlotfeger dann dokumentieren, dass die im Feuerstättenbescheid geforderten Arbeiten auch erledigt worden sind. "Ich glaube nicht, dass die Kosten dann günstiger werden."
Der Kaminkehrer ist verpflichtet, seine Termine fünf Tage vorher anzukündigen.