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Violetta
Administrator

Beiträge: 2331


New PostErstellt: 02.12.09, 15:23     Betreff: Re: Violettas Opernkiste

ALPINA Erwachsene Skihelm Grap, Blac...

Teuflischer Terfel

 

Ich habe gestern Abend „Tosca“ auf DVD gesehen, und das ich diese DVD hier erwähne, liegt das einzig und allein an Bryn Terfel, der hier wieder einmal zu wahrer Höchstform aufläuft, und der es verdient hätte, daß  diese Version von Puccinis Sex and Crime Drama „Scarpia“ heißt.

Nach Tito Gobbi und Ruggero Raimondi ist er für mich der dritte ganz große Interpret dieser Rolle. Er ist es, der alle an dieser Produktion Beteiligten kometengleich überstrahlt; seine stimmlichen Fähigkeiten sind über jeden Zweifel erhaben und müssen nicht diskutiert werden,

seine Bühnenausstrahlung und seine darstellerische Begabung indes reichen für Drei, und das ist in dieser Produktion auch bitter nötig. Doch der Reihe nach.

Die Inszenierung ist relativ unspektakulär, der Regisseur vergewaltigt das Stück nicht, wie leider heute oft üblich, er spart sich dankenswerterweise den sonst schon obligatorischen Hinweis auf Diktaturen der Gegenwart oder jüngeren Vergangenheit (d.h.,  weder SS-Uniformen noch die Miliz irgendeines Südamerikanischen Polizeistaates sind auf der Bühne zu finden.), zündende neue Ideen hat er aber auch nicht.

So spielt die Oper in dunklen Räumen, die der Regisseur im Bonusmaterial als „Todesfallen“ bezeichnet, Tosca und ihre Männer tragen mehr oder weniger stilechte Kostüme die irgendwo zwischen Fin de Siecle (Tosca) und 18. Jahrhundert (Scarpia) angesiedelt sind, Scarpias Häscher sehen aus wie Michael Endes Herren von der Zeitsparkasse.

Caterina Malfitano ist eine stimmlich gute bis sehr gute Tosca, leider gebricht es aber etwas an der Schauspielkunst, außer den ewig gleichen Operngesten (Hände ringen und angewidert gucken wenn Scarpia ihr die Unzucht anträgt etc.) fällt ihr nicht viel ein.

Richard Margisons Cavaradossi ist stellenweise geradezu ärgerlich. Der Tenor hat eine sehr schöne Stimme, er verfügt auch über die für diese Rolle so dringend benötigte Fähigkeit zu dramatischen Ausbrüchen, ohne dabei forcieren zu müssen, aber leider scheint er nur zwei musikalische Ausdrucksmittel zu kennen: laut singen und sehr laut singen. Das ist manchmal durchaus angebracht, die „Vittoria“-Szene“ im 2. Akt ist z.B. wirklich grandios.

An anderer Stelle aber wirkt solche Kraftmeierei absolut deplaziert. Die erotische Erinnerung an eine noch nicht lange zurückliegende Liebesnacht, und nichts anderes ist das oft als Tenorschlager mißverstandene „E lucevan le stelle“ im letzen Bild, brüllt man nicht in die römische Sommernacht hinaus, schon gar nicht mit dem Tod vor Augen. Bei Puccini steht als Anweisung für den Tenor an dieser Stelle „in Gedanken versunken“.

Auch das Arioso „O dolce mani“ (Cavaradossi trauert darüber, daß Toscas „süße Hände“ durch den Mord an Scarpia ihre Unschuld verloren haben )  hätte man sich lyrischer gewünscht.

So ist es an Terfel, aus einer soliden Aufführung eine weltklasse Tosca zu machen. Und er tut es. In dem Augenblick, in dem Scarpia die Bühne betritt, vibriert die Luft und bebt die Erde. Der Feuerzauber den sich der Regisseur für das  Te Deum ausgedacht hat,  ist völlig unnötig, denn der Mann auf der Bühne steht selbst lichterloh in Flammen und singt und spielt als gelte es sein Leben. Mit diesem Scarpia ist der zweite Akt das, was er sein sollte: ein Höhepunkt der gesamten Openliteratur. Ein Kritiker bescheinigt Terfels Scarpia  (und das völlig zu recht) eine Ausstrahlung von „sinistrer Sinnlichkeit“. Er ist ein Hedonist reinsten Wassers, der die Befriedigung seiner (politischen, kulinarischen und sexuellen)  Begierden über alles steht. Das ist in diesem Extrem böse, das ist teuflisch, und das ist ungeheuer faszinierend.

 Mit den Menschenrechten hat er es nicht so, der Polizeichef, dafür liebt er Katzen, und lässt dem Tier die Zärtlichkeit angedeihen, für die es sonst in seinem Leben keinen Platz gibt, so kommen wir in den Genuß der (vermutlich) ersten  lebenden Katze auf der Opernbühne.

 

Das einzig problematische an diesem Scarpia: frau fragt sich, warum um alles Tosca sich so ziert...

Es wäre zu wünschen daß der Waliser eines Tages einen Mario Cavaradossi zum Gegenspieler hat,  der ihm an Ausstrahlung, Darstellungskunst und Musikalität ebenbürtig  ist.

Und nein: das wird nicht Jonas Kaufmann sein, der gerade als DER Cavaradossi gehandelt wird.

Leider wird es in naher Zukunft auch nicht RV sein, der das Timbre, die Darstellungskunst, die Ausstrahlung, die Musikalität  und auch das Aussehen für diese Rolle hat, dem er aber an der Robustheit der Stimme mangelt. Für ihn wäre diese Rolle zur Zeit Selbstmord, und er weiß es selbst. Er hätte 2008 die Rolle in Berlin singen sollen und hat sie zugunsten von Lenski abgesagt. Er sagt, Cavaradossi ist ein Traum, den er vorerst begraben hat.

Es ist eben eine verteufelt schwere Partie.

Im Übrigen hat mir Terfel dermaßen gut gefallen, daß ich mir erlaubt habe, diesen Text, leicht abgewandelt, als Kundenkritik bei amazon online zu stellen

 

 




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Wer in einem gewissen Alter nicht merkt, dass er hauptsächlich von Idioten umgeben ist, merkt es aus einem gewissen Grunde nicht.
Curt Goetz


[editiert: 02.12.09, 17:18 von Violetta]
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