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Atommüll in rostigen Fässern. WZ vom 08.03.2012

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Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 10.03.12, 19:52  Betreff: Atommüll in rostigen Fässern. WZ vom 08.03.2012  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Seite 1:

Atommüll in rostigen Fässern

Skandalöse Zustände im Zwischenlager Brunsbüttel / Kritik an Kraftwerksbetreiber Vattenfall

Kiel/Brunsbüttel /höv

Böse Überraschung auf dem Gelände des stillgelegten Kernkraftwerks
Brunsbüttel. Im Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktive Stoffe
sind verrostete Fässer mit Atommüll entdeckt worden. Gefahr für
Mitarbeiter und Bevölkerung habe nicht bestanden, versicherte der für
die Atomaufsicht zuständige Minister Emil Schmalfuß (parteilos). Es sei
keine „unzulässige Radioaktivität“ freigesetzt worden. Den Betreiber
Vattenfall nahm Schmalfuß wegen dessen Informationspolitik ins Visier.


Rund 500 Atommüllfässer lagern am Meiler Brunsbüttel in sechs
unterirdischen, acht Meter tiefen Kavernen. Der Inhalt der Fässer –
kontaminierte Filterharze und Verdampferkonzentrate aus dem
Reaktorbetrieb – wird seit 2004 schrittweise für eine Endlagerung im
Schacht Konrad bei Salzgitter (Niedersachsen) umgefüllt. Der Schacht
soll ab 2019 zur Verfügung stehen.


Bereits am 15. Dezember vergangenen Jahres hatten AKW-Mitarbeiter
ein Fass, dessen Hülle völlig rott war, zum Umfüllen am Kran hängen.
„Mit Glück“ und nach einer fast achtstündigen Operation habe das Objekt
im dafür bereit stehenden Gusscontainer „verpackt“ werden können,
berichteten Mitarbeiter der Atomaufsicht. Vattenfall schwieg über den
Vorfall, berief sich inzwischen darauf, dass das Ereignis „nicht
meldepflichtig“ gewesen sei.


Am 10. Januar entdeckten Ingenieure des Tüv Nord das verrostete und entleerte Fass im Zuge einer Routine-Kontrolle
und meldeten den Vorgang nach Kiel. Erst fünf Wochen später, am 20.
Februar, legte Vattenfall auf Drängen der Atomaufsicht eine
Dokumentation samt Bildmaterial vor. Daraus ergab sich, „dass weitere
Fässer zum Teil erhebliche Korrosionserscheinungen“ aufwiesen.


Schmalfuß leitete daraufhin eine Überprüfung aller Lagereinrichtungen
für radioaktive Abfälle der anderen Kernkraftwerke in Schleswig-Holstein sowie des Helmholtz-Zentrums
Geesthacht ein. Zugleich forderte er Vattenfall auf, die Arbeiten an
den Kavernen vorerst einzustellen und Messstellen zu installieren, um
eventuell auftretende Radioaktivität zu überwachen. Der Bund muss nach
Ansicht von Schmalfuß bei der anstehenden Novellierung des
Kerntechnischen Regelwerks präzisiere und strengere Sicherheitskriterien
auch für die vorübergehende Lagerung schwach- und mittelradioaktiver
Abfälle an den Kernkraftwerks-Standorten entwickeln.

Seite 4:

Rostige Atommüllfässer: Vattenfall im Kreuzfeuer politischer Kritik

Kiel /höv

Alle gegen Vattenfall: Der Fund verrosteter Fässer mit Atommüll auf dem Gelände des Atomkraftwerks Brunsbüttel hat in Schleswig-Holstein
massive Kritik am Betreiber ausgelöst. Das Unternehmen hatte Behörden
den Vorfall zunächst verschwiegen, räumte gestern Fehler in der
Kommunikation ein.


Grüne und SSW forderten, Vattenfall die Verantwortung für Brunsbüttel
zu entziehen. Auch CDU, SPD, FDP und die Linke kritisierten Vattenfall.
Sie forderten wie die Umweltorganisation Robin Wood, endlich ein
atomares Endlager zu finden. „Die Endlagersuche muss mit aller
Konsequenz durchgesetzt werden“, forderte Grünen-Fraktionschef
Robert Habeck. „Atomfässer sind keine Einmachgläser“, sagte Habeck.
Olaf Schulze (SPD) sah einen weiteren Beleg für die Notwendigkeit, aus
der Atomenergie auszusteigen. Das Verhalten von Vattenfall zeige erneut,
wie wenig das Unternehmen für den Betrieb eines Atomkraftwerks geeignet
sei.


Die Landtagsfraktionen von CDU und FDP nahmen die Atomaufsicht des
Justizministeriums gegen Kritik aus der Opposition in Schutz. Diese habe
„umsichtig und unverzüglich gehandelt und transparent informiert“,
erklärten die Energiepolitiker Oliver Kumbartzky (FDP) und Jens-Christian
Magnussen (CDU). Der Ausbau von Schacht Konrad als Lager für schwach-
und mittelradioaktive Stoffe müsse vorangetrieben und die Suche nach
einem Endlager für hochradioaktive Abfälle dringend beschleunigt werden.


„Jedem Imbissbudenbesitzer, der sein Frittieröl nicht ordnungsgemäß
lagert, droht der Entzug der Betriebsgenehmigung“, kritisierte Lars
Harms vom SSW. „Wenn ein AKW-Betreiber seine
Atommüllfässer vergammeln lässt, dann muss er aufräumen und darf dann
weiter machen wie bisher.“ Der Ausstieg aus der Atomenergie müsse zügig
und restlos geschehen, forderte Linke-Fraktionschefin Antje Jansen.


Vattenfall erklärte, „die verspätete Information an die
Aufsichtsbehörde ist nicht akzeptabel und wird unternehmensintern
analysiert und aufgearbeitet.“ Die Sicherheit für Mitarbeiter und Umwelt
sei jederzeit gewährleistet gewesen. Der Vorgang sei dem
Justizministerium in Kiel als zuständiger Aufsichtsbehörde am 11. Januar
mitgeteilt worden.


Nach Angaben des Justizministeriums hatte der TÜV Nord das verrostete
Fass am 10. Januar bei einer Kontrolle von Dokumenten entdeckt und
daraufhin das Ministerium informiert.


Robin Wood warf Vattenfall gefährliche Schlamperei im Umgang mit
Atommüll vor. Es zeige sich, dass selbst grundlegende technische
Probleme bei der Lagerung von Atommüll nicht beherrscht werden könnten.
Zudem bleibe der Konzern seiner Linie der Geheimhaltung und Vertuschung
treu.



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Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 10.03.12, 19:54  Betreff: Re: Atommüll in rostigen Fässern. WZ vom 08.03.2012  drucken  weiterempfehlen

Kommentar von Seite 2:



Vattenfalls erbärmliches Versagen

Die rostigen Atommüll-Fässer in Brunsbüttel zeigen erneut, wie überfordert der Kraftwerksbetreiber ist

Peter Höver

Man fasst es nicht. Da liegen massenhaft Fässer mit radioaktivem
Abfall in Zwischenlager-„Kellern“ deutscher Atommeiler. Zum Teil liegen
sie da seit Anfang der 80er Jahre. Und niemand weiß, in welchem Zustand
sich die Dinger befinden. Messungen gibt es, es könnte ja Strahlung
freigesetzt werden. Das war nach Darstellung der Kieler Atomaufsicht im
Fall Brunsbüttel offenbar nicht der Fall. So weit, so gut.


In welchem Zustand die Behälter sich aber befinden, ob sie total
verrottet sind, wie das Exemplar, das jetzt für politischen Wirbel sorgt
– das ist nicht kontrollierbar in den Kavernen: weil niemand in den
„Keller“ steigen kann angesichts der dort herrschenden Strahlung und
weil nach offizieller Darstellung selbst Videokameras aus dem selben
Grund nach kurzer Zeit technisch versagen und den Geist aufgeben würden.


Mag die Umfüllaktion von Brunsbüttel auch glimpflich verlaufen sein;
der Vorgang dokumentiert geradezu schrill vor allem eines: das totale
politische Versagen aller Parteien bei der Frage, die Endlagerung
atomaren Abfalls zu lösen. Seit mehr als 30 Jahren laufen in Deutschland
Kernkraftwerke. Wir sitzen auf Tonnen von Atommüll. Nur, wo der bleiben
soll, wenn der letzte Meiler abgeschaltet sein wird, steht noch immer
in den Sternen. Und alle diejenigen, die den Atomausstieg gestern wieder
politisch haben hochleben lassen, sie drücken sich weiter vor der
Endlager-Frage.


Dass Vattenfall es (wieder einmal) nicht für nötig befunden hat, der
Atomaufsicht ihre gruselige Entdeckung zu melden, zeigt erneut, dass der
Konzern als Betreiber von Brunsbüttel überfordert ist. Sich hinter dem
Atomgesetz zu verschanzen, das rostige Atommüll-Fässer
nicht auf dem Radarschirm „meldepflichtiger Ereignisse“ hat, ist
erbärmlich und schafft eben nicht das Vertrauen, das Betreiber solcher
Anlagen zwingend brauchen. Aus dem Schaden, den das Unternehmen schon in
der Vergangenheit durch seine konsequent unprofessionelle Kommunikation
angerichtet hat, ist Vattenfall jedenfalls nicht klug geworden. Man
kann nur froh sein, dass der Meiler Brunsbüttel stillliegt und im Zuge
des Atomausstiegs nie wieder ans Netz geht.








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Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 10.03.12, 20:02  Betreff: Re: Atommüll in rostigen Fässern. WZ vom 08.03.2012  drucken  weiterempfehlen

WZ vom 09.03.2012:

Atommüll lagert jetzt unter Beton

Brunsbüttel/Kiel /lno

Der Energiekonzern Vattenfall hat erste Auflagen der Kieler
Atomaufsicht wegen verrosteter Atommüllfässer im stillgelegten
Kernkraftwerk Brunsbüttel in Dithmarschen erfüllt. Gestern habe
Vattenfall ein Konzept, wie künftig mit Atommüllfässern in den
unterirdischen Kavernen umgegangen werden soll, an die Atomaufsicht
abgeschickt, sagte eine Unternehmenssprecherin in Hamburg.


Außerdem seien bereits am 2. März die Kavernen, in denen rostige
Fässer mit leicht- und mittelradioaktiven Abfällen lagern, mit
Betonriegel abgedeckt und versiegelt worden. Eine inzwischen
installierte Aerosol-Messstelle kontrolliere, ob
an den sechs Kavernen Radioaktivität austritt. Vattenfall plant auch
den Einsatz einer mobilen Kameraanlage.


In den Kavernen gibt es nach Angaben der Kieler Atomaufsicht eine
Strahlenbelastung von bis zu 500 Millisievert je Stunde – das ist das
25-fache der gesetzlich zugelassenen Jahresdosis für Mitarbeiter in
Kernkraftwerken. Deshalb hätten Mitarbeiter dort in der Regel keinen
Zutritt, erläuterte die Unternehmenssprecherin. Darum seien Kameras
nötig.


Am Mittwoch hatte das für die Atomaufsicht zuständige Justizministerium
öffentlich gemacht, dass bereits am 15. Dezember 2011 ein
durchgerostetes Atommüllfass aufgefallen war. Das Ministerium sei aber
nicht von Vattenfall informiert worden. Bei einer Kontrolle stellte der
TÜV das Problem am 10. Januar 2012 fest und machte die Atomaufsicht
darauf aufmerksam.



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Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 11.03.12, 19:23  Betreff: Re: Atommüll in rostigen Fässern. WZ vom 08.03.2012  drucken  weiterempfehlen

WZ vom 10.03.2012:

Atommüll: Kreis vom Land nicht informiert

Brunsbüttel

Landrat Dr. Jörn Klimant zeigte sich gestern erschreckt und zugleich
irritiert über die Ereignisse um die Atommüllfässer in Brunsbüttel. „Ich
habe Herrn Minister Schmalfuß heute schriftlich um Mitteilung gebeten,
welche Schritte von Seiten der Atomaufsicht veranlasst wurden, um eine
schnellstmögliche Aufklärung und eine Änderung der Zustände
herbeizuführen.“ Dass der Kreis Dithmarschen durch die öffentliche
Berichterstattung von den Ereignissen in Brunsbüttel erfährt, ist aus
Sicht des Landrats nicht hinnehmbar: „Wenn die Atomaufsicht offenbar
seit Mitte Januar Kenntnis hatte, dann ist es nicht nachvollziehbar,
dass der Minister den Kreis nicht informiert hat.“


"Festgemacht" von Ralf Pöschus


Kernproblem

Von einer „nicht unerheblichen“ Besorgnis sprach Ratsherr und Landtagsabgeordneter Jens-Christian
Magnussen (CDU) im Hauptausschuss, nachdem am Morgen bekannt geworden
war, dass es Probleme mit einem Atommüllfass im Kernkraftwerk gegeben
habe. Doch der große Aufschrei des Unmuts über Kraftwerksbetreiber
Vattenfall blieb bei den Stadtpolitikern und auch den anwesenden Bürgern
aus. Offenbar macht sich Resignation breit angesichts der seltsamen
Informationsmethoden des Energiekonzerns. So nach der Devise: „Mal
wieder was nicht umgehend mitgeteilt. Naja, man kennt das, war irgendwie
nicht anders zu erwarten.“ Das ist schon bitter. Da hat FDP-Mann
im Landtag Oliver Kumbartzky, wie Magnussen energiepolitischer Sprecher
seiner Fraktion, durchaus recht, wenn er feststellt: „Zu einer
vertrauensvollen Zusammenarbeit gehört explizit auch eine verlässliche
Kommunikation.“ Grünen-Landtagsabgeordneter
Bernd Voß kommt zu dem Schluss: „Wir haben einen Betreiber, der
wiederholt gezeigt hat, dass er kein Interesse hat, die Öffentlichkeit
frühzeitig zu informieren. Das zeigt, dass die Anti-AKW-Bewegung noch nicht ausgedient hat.“ Das ist das Kernproblem.




[editiert: 11.03.12, 19:26 von Claudia]
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