Forum Grundeinkommen
Offenes Forum zum Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen"

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Dieses FORUM dient der Diskussion von Ideen
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Strategiediskussion

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Autor Beitrag
Katrin Mohr

Beiträge: 39
Ort: Berlin


New PostErstellt: 06.09.04, 12:06  Betreff: Re: Strategiediskussion  drucken  weiterempfehlen

Liebe Netzwerkmitglieder,

seit einiger Zeit verfolge ich nun schon die Diskussion über die Höhe eines Grundeinkommens und bin etwas erstaunt darüber, dass hier fast immer nur strategische und realpolitische Argumente zum Tragen kommen. Manche möchten die Diskussion um die Höhe aus strategischen Gründen am Liebsten erstmal ganz umgehen.
Ich glaube jedoch nicht, dass das eine realistische Option ist. Früher oder später taucht die Thematik ja doch wieder auf, spätestens, wenn es um das benötigte Finanzvolumen zur Finanzierung eines GE geht.

M.E. wird das Pferd auf diese Weise aber ohnehin von hinten aufgezäumt. Das Modell eines vom Netzwerk propagierten GE, müsste doch zunächst einmal aus sozial-philosophischen bzw. normativen Grundprinzipien hergeleitet und begründet werden, statt in erster Linie von Machbarkeitserwägungen geprägt zu sein. Orientiert man sich vor allem an der derzeitigen politischen Machbarkeit bzw. Durchsetzungsfähigkeit von alternativen sozialpolitischen Konzepten kann man ja auch gleich noch die Bedingungslosigkeit und die nicht-Bedürftigkeitsgerprüftheit über Bord werfen.

Im Gründungskonsens des Netzwerks ist aber von einem existenzsichernden GE, auf Basis eines individuellen Rechtsanspruchs ohne Bedürftigkeitsprüfung und Zwang zur Arbeit, also von vier grundlegenden Prinzipien eines zu entwickelnden GE-Modells die Rede. Existenzsicherung steht dabei sogar an erster Stelle. Sie wird aber bisher fast ausschließlich unter Machbarkeitsaspekten behandelt. Wagt es doch mal jemand ein GE über oder nahe der Armutsgrenze zu fordern, wird schnell der Verdacht utopistisch-sozialistischer Naivität erhoben (den Verfechtern einer absoluten Bedingungslosigkeit könnte man da ebenso den Vorwurf eines liberalen Utopismus machen).

M.E. müssten wir uns aber mal dringend und ernsthaft - jenseits von purer Realpolitik und Utopismus-Vorwürfen - darüber unterhalten (oder streiten), was eigentlich existenzsichernd heißen soll. Einige Mit-Diskutanten werfen (teilweise recht willkürlich) Zahlen zwischen 150 und 600,- in die Diskussion, die nicht unbedingt durch Erwägungen darüber begründet und unterfüttert sind, was man in dieser Gesellschaft zum leben braucht, was Armut bedeutet, wieviel nötig ist, um die volle Teilhabe an der Gesellschaft zu gewährleisten etc. . Einige scheinen implizit einem absoluten Armutsbegriff (das pure Überleben) anzuhängen, wo selbst die EU-Sozialpolitik im Rahmen ihrer Inklusions-Politik heute mit einem relativen Armutsbegriff von 60% des Median-Einkommens operiert. Ein auf Existenzsicherung und Emanzipation ausgerichtetes GE kann sich jedoch niemals nur am bloßen Überleben ausrichten (dann bleibt es bloße Armutsverwaltung bzw. Lohnsubvention), sondern muss eine Vorstellung von einem sozio-kulturellen Lebenstandard entwickeln, der Teilhabe unabhängig von Erwerbsarbeit ermöglicht und Armut verhindert. Dabei müsste sich ein solcher Standard an gesellschaftlichen Relationen (sprich Armuts- und Reichtumsverhältnissen) und geteilten Vorstellungen darüber orientieren, was der/die Einzelne in einer bestimmten Gesellschaft benötigt, um unabhängig von Erwerbseinkommen voll am sozialen Leben teilhaben zu können.
Auch ich habe keine definitive Antwort darauf, wie hoch dieser Standard genau sein muss - wobei mir 800,- bis 1000,- , von denen dann ja auch Wohnkosten und Krankenversicherung bezahlt werden müssen, in die richtige Richtung zu gehen scheint - meine aber, dass es nicht sein kann, dass wir hinter die Fortschritte von 30 Jahren Armutsforschung und -debatte zurückfallen und das Thema Existenzsicherung nur unter Machbarkeitsaspekten bzw. auf der Basis eines impliziten absoluten Armutskonzepts diskutieren.

Mit freundlichen Grüßen
Katrin Mohr

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Michael Opielka
(Administrator)

Beiträge: 101
Ort: Jena/Königswinter



New PostErstellt: 07.09.04, 16:27  Betreff: Re: Strategiediskussion  drucken  weiterempfehlen

Liebe Freunde,

in der heutigen FAZ findet sich ein Aufmacher des sozialpolitisch nicht unbewanderten Jürgen Kaube (in der Anlage als pdf-File), dem gewiss mancher deutsche Politiker auch des Regierungslagers zustimmen wird, sofern er sich einen gesunden Zynismus bewahrt und gegenüber gesellschaftspolitischer Reflexion Immunität erlangt hat.

Für diese sozialkulturelle Diagnose sprechen mindestens zwei der darin enthaltenen Sätze:

„Es geht um die vermeinte Pflicht des Sozialstaats zur Subventionierung eines Anscheins von bürgerlichem Leben.“

Mit dieser zynischem Bemerkung macht Herr Kaube deutlich, dass den Langzeiterwerbslosen, den „Überflüssigen“ ein Recht auf ein „bürgerliches Leben“ eben nicht zusteht. Das ist in der Tat eine Neuinterpreation sozialpolitischer Leitmotive.

Man mag darüber streiten, was „bürgerliches Leben“ genau meint --- ob also der Sozialstaat beispielsweise dauerhaft und ohne Gegenleistung ein garantiertes Durchschnittseinkommen zahlen soll. Aber wer fordert das?

Der zweite Satz:

„Hartz IV ist (...) der Beginn eines sozialen Intelligenztests.“

Hier fragt sich: für wen? Oder anders: um welche Art von Intelligenz wird hier gestritten?

Beste Grüße
Michael Opielka

Prof. Dr. Michael Opielka
Institut für Sozialökologie (ISÖ)/
Fachhochschule Jena



Dateianlagen:

JürgenKaube_HartzIV_VaterStaat_FAZ_v._7.9.2004.pdf (167 kByte)
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