Der Spandauer Jugendamts-Mitarbeiter, gegen den die Staatsanwaltschaft und das Bezirksamt wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermitteln, ist tot. Die Polizei fand den Leichnam des 55jährigen am vergangenen Donnerstag in seiner Wohnung in Berlin-Mitte.
Er war nach einem Urlaub, der am Montag vergangener Woche geendet hatte, nicht an seinen Arbeitsplatz an der Klosterstraße zurückgekehrt.
Ein Polizeisprecher erklärte, daß es keine Anhaltspunkte auf Gewalteinwirkung gab. Vielmehr sei ein Herz-Kreislauftod denkbar, da der Tote übergewichtig war und mehrere weitere Risikofaktoren aufwies. Um einen Selbstmord habe es sich offenbar nicht gehandelt. Die Leiche, die schon etwa eine Woche in der Wohnung lag, werde aber in "nächster Zeit obduziert", so die Polizei. Zu Informationen, daß gegen den Mitarbeiter demnächst ein Gerichtsverfahren eröffnet werden sollte, sagte Bezirksamtsdirektor Heinz Schwarz: "Das kann und will ich nicht bestätigen." Auch die Justizpressestelle und Jugendamts-Direktor Gerd Mager machten keine Angaben. Mager: "Ich will in ein schwebendes Verfahren nicht eingreifen."
Das Fernsehmagazin "ARD-exclusiv" hatte dem Bezirksamts-Beschäftigten im Januar 1994 vorgeworfen, vom Leiter des Kieler "Kinderhauses" Geld genommen zu haben. Dafür habe er Kinder aus Spandauer Problemfamilien bevorzugt in dem privaten Heim untergebracht. Im Februar 1994 hatte der ehemalige Koordinator des "Kinderhauses", Hans-Jörg Schenck, Anzeigen gegen den Jugendamts-Mitarbeiter und den Heimleiter erstattet. Schenck warf den Männern Bestechung und Veruntreuung von öffentlichen Mitteln vor. Sie hätten sich mehrmals getroffen, wobei der Heimleiter die Spesen des Jugendamts-Mitarbeiters beglichen haben soll. Nachforschungen des Spandauer Jugendhilfeausschusses endeten ohne Ergebnis.
Die Staatsanwaltschaft und das Bezirksamt ermittelten seitdem jedoch parallel weiter. "Die Ermittlungsführung im Bezirksamt hat dann die staatsanwaltlichen Akten angefordert. Sie sind in der vorigen Woche eingetroffen", sagte Direktor Schwarz. Ein abschließender Vermerk werde dazu noch angefertigt.
Der Mitarbeiter, der den Bestechungs-Vorwurf stets bestritt, war im Jugendamt versetzt worden und zuletzt im sozialpädagogischen Dienst tätig. Er galt als Außenseiter. Nachdem der Verdacht aufgekommen war, seien Kollegen von ihm abgerückt, wird berichtet. +++