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Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen
Staatsterror durch staatliche Eingriffe in das Familienleben
Verletzung von Menschenrechten, Kinderrechten, Bürgerrechten durch Entscheiden und Handeln staatlicher Behörden im familienrechtlichen Bereich, in der Kinder- und Jugendhilfe, in der Familienhilfe unter anderem mit den Spezialgebieten Jugendamtsversagen und Jugendamtsterror
Fokus auf die innerdeutsche Situation, sowie auf Erfahrungen und Beobachtungen in Fällen internationaler Kindesentführung und grenzüberschreitender Sorgerechts- und Umgangsrechtskonflikten
Fokus auf andere Länder, andere Sitten, andere Situtationen
Fokus auf internationale Vergleiche bei Kompetenzen und Funktionalitäten von juristischen, sozialen und administrativen Behörden

"Spurensuche nach Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen"
ist ein in assoziiertes Projekt zur
angewandten Feldforschung mit teilnehmender Beobachtung
"Systemkritik: Deutsche Justizverbrechen"
http://www.systemkritik.de/

 

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Autor Beitrag
Gast
New PostErstellt: 12.03.07, 12:51     Betreff: Re: Jugendamt Bremen: Fall Kevin Antwort mit Zitat  

Noir (Limitierte Deluxe Edition im D...
Blumen und Stofftiere im Gedenken an den toten Kevin

Kevins Leiden

Chronik eines tödlichen Versagens

Von Thomas Holl



Seit Tagen quält Jens Böhrnsen eine Frage: „Hättest Du nicht noch öfters nach Kevin fragen müssen?“ Als Bremens Bürgermeister am 18. Januar seine Sozialsenatorin in einem persönlichen Gespräch auf das Schicksal des kleinen Kevin aufmerksam macht und sie eindringlich bittet: „Karin, kümmerst Du Dich in besonderer Weise um diesen Fall?“, kann er nicht ahnen, daß der kleine Junge trotz höchster politischer Intervention fast neun Monate später von Polizisten tot in einem Kühlschrank in der Wohnung seines heroinsüchtigen Vaters Bernd K. gefunden wird. Eingewickelt in eine Decke und drei Müllbeutel.

Der am Donnerstag veröffentlichte vorläufige Obduktionsbericht läßt erahnen, was Kevin seit seiner Geburt am 23. Januar 2004 erleiden mußte. Der linke Oberschenkel, das rechte Schienbein und der linke Unterarm sind gebrochen, auf dem Schädel finden sich Blutungen (Siehe auch: Kindesmisshandlungen: Vernachlässigt, geschlagen, verhungert, getötet“).

„Das durfte niemals passieren“

Fassungsloses Schweigen bei den Nachbarn

„Niemand ist mehr auf den Schutz des Staates angewiesen als Kinder in Not. Es ist ein tragisches, es ist ein unverzeihliches Versagen, daß Kevin sich nicht auf diesen Schutz verlassen konnte. Das durfte niemals passieren.“ In einer Pressekonferenz nach dem Rücktritt der zuständigen Sozialsenatorin Karin Röpke hatte der erst seit einem Jahr als Nachfolger Henning Scherfs amtierende SPD-Politiker in seltener Offenheit das vollständige und schwer nachvollziehbare Versagen von Politik und Behörden in diesem Fall eingestanden: Trotz vielfacher Hinweise, Warnungen, richterlicher Beschlüsse und Aktenvermerken starb ein Kind unter der Vormundschaft des Jugendamtes auf grausame Weise.

Denn anders als im Fall der sieben Jahre alten Jessica, die vor zwei Jahren bis auf 9,5 Kilogramm abgemagert verhungert in der Wohnung ihrer Eltern im Hamburger Problemstadtteil Jenfeld gefunden wurde, wußten die zuständigen Mitarbeiter des Bremer Jugendamtes seit mehr als zwölf Monaten um die Gefährdung Kevins durch den eigenen Vater und entschieden sich doch mehrfach gegen eine lebensrettende Unterbringung im Heim oder bei einer Pflegefamilie. (Siehe auch: Kevins Tod: Von der Leyen fordert „Frühwarnsystem“)

Vielfache Hinweise ignoriert

Die Polizei ist auf Spurensuche

Anders auch als in Hamburg war im Fall Kevin sogar der Bürgermeister auf die akute Notlage des Kindes aufmerksam geworden und hatte sich eingeschaltet. Als Mitglied des gemeinnützigen Lions Club, der als Trägerverein der Bremer Säuglingspflege das Kinderheim „Hermann-Hildebrandt-Haus“ im Bremer Villen-Vorort Oberneuland unterhält, war Böhrnsen am 13. Januar 2006 von zwei besorgten Kuratoriumsmitgliedern, darunter dem Heimleiter Joachim Pape, auf die Bremer Praxis in der Jugendhilfe angesprochen worden, Kinder drogensüchtiger Eltern in der Regel in ihren Familien zu lassen.

Derzeit leben etwa 60 Kinder in Bremen auf Beschluß und unter Vormundschaft des Jugendamtes weiter bei ihren Eltern, die als Bedingung an Programmen mit der Ersatzdroge Methadon teilnehmen und eine „günstige Sozialprognose“ aufweisen müssen. Als exemplarische Beispiele für dieses aus ihrer Sicht gefährliche Vorgehen der Jugendbehörden hatten die beiden Vereinsmitglieder ihrem Club-Kollegen Böhrnsen in anonymisierter Form zwei Kinderschicksale aus „Krisenfamilien“ geschildert. Eines davon war Kevin. Zweimal war das Kind für wenige Wochen im „Hermann-Hildebrandt-Haus“ untergebracht worden. Zweimal war Kevin gegen den Willen des Heimleiters wieder in die Familie zurückgebracht worden.

Übernahm die politische Verantwortung: Sozialsenatorin Röpke

Der frühere Richter Böhrnsen reagierte prompt auf diesen Notruf und drängte darauf, die Namen der Kinder zu erfahren, damit ihnen schnell geholfen werden könnte: „Nach meiner Überzeugung mußte der Kinderschutz über dem Datenschutz stehen.“ Und nach dem Gespräch mit seiner Parteifreundin Röpke glaubte der Bürgermeister auch, daß Kevin bald in sicherer Obhut sein werde: „Karin Röpke hat mir mehrfach versichert, den Sorgen und aufgeworfenen Fragen sei gründlich nachgegangen worden, sie habe alles Notwendige in ihrer Behörde wie beim Jugendamt veranlaßt“. (Siehe auch: Fall Kevin: Unverzeihliches Behördenversagen)

Vater mehrfach vorbestraft

Doch auch nach dem Eingreifen Böhrnsens und einem weiteren Gespräch der Sozialsenatorin mit dem Leiter des Jugendamtes wenige Tage später setzten die zuständigen Sozialbehörden ihre seit der Geburt Kevins verfolgte Linie fort. Im Interesse des „Kindeswohls“ und unter Abwägung aller Umstände beschließt das Jugendamt nach ausgiebiger „Fallberatung“ im Februar, daß der wegen Gewaltdelikten und Raubes mehrfach vorbestrafte 41 Jahre alte Vater Kevin weiter bei sich in seiner Wohnung in der Kulmerstraße im Bremer Arbeiterviertel Gröpelingen erziehen darf. Zur Unterstützung soll nur eine Tagesmutter für Kevin gefunden werden, der weiter unter Amtsvormundschaft steht.

Blick in den Keller der Wohnung im Bremer Stadtteil Gröpelingen, in der Kevin tot aufgefunden wurde

Schon kurz nach der Geburt Kevins durch seine ebenfalls heroinabhängige Mutter zeichnete sich ab, daß der Junge nach dem Willen des Jugendamtes nicht seinen leiblichen Eltern entzogen werden soll. Und das, obwohl nach einer gemeinsamen Entgiftung von Mutter und Kind in einer Klinik im März 2004 dem Jugendamt schon fünf Monate später von der Polizei der erste Verdacht auf Kindesmißhandlung gemeldet wird. Zwar weist der Säugling keine Verletzungen auf, doch laut Jugendamt sind „Zweifel an der Erziehungsfähigkeit“ der Mutter gegeben.

Zur Entgiftung mit dem Sohn in die Klinik

Im Oktober 2004 wird Kevin mit Knochenbrüchen in eine Kinderklinik eingewiesen. Nach dem Klinikaufenthalt meldet die Polizei eine weitere „Auffälligkeit“: Kevin wird vom Jugendamt in „Obhut“ genommen und kommt Ende November 2004 zum ersten Mal für fünf Tage in das „Hermann-Hildebrandt-Haus.“ Nach seiner Entlassung werden Kevins Mutter und seinem Vater Bernd K. vom Jugendamt sechs Wochen lang ein „Familienkrisendienst“ zur Seite gestellt. Das Fazit der Sozialarbeiter: „Bei den Eltern sind Erziehungs- und Versorgungskompetenzen vorhanden.“ Auch das Jugendamt bestätigt im März 2005 diesen Eindruck und stellt beiden Elternteilen eine positive Sozialprognose aus.

Doch im Juli berichtet die Polizei dem Jugendamt wieder über „Auffälligkeiten.“ Diesmal hat der Vater die Polizei eingeschaltet, die laut Aktenvermerk „einen negativen Eindruck“ über die Familiensituation hat. Doch Mitarbeiter des Sozialzentrums Gröpelingen stellen „keine Versorgungsmängel“ bei Kevin fest. Von Ende Juli bis Mitte August nehmen die wieder heroinabhängigen Eltern zusammen mit Kevin abermals eine „Entgiftung“ in der Klinik Heiligenhafen vor.

Mutter stirbt an inneren Blutungen

Am 12. November 2005 stirbt Kevins Mutter in der gemeinsamen Wohnung in Gröpelingen an inneren Blutungen, die Rede ist von einer Milzruptur. Die behandelnde Notärztin teilt dem Jugendamt mit, daß ein Fremdverschulden nicht ausgeschlossen werden könne. Die Staatsanwaltschaft nimmt bis heute andauernde Ermittlungen auf, die sich gegen den Lebensgefährten, Kevins Vater Bernd K. richten. Es bestehe der Verdacht der Körperverletzung mit Todesfolge. Das Jugendamt will erst nach dem Tod Kevins von diesen Ermittlungen erfahren haben.

Kevin kommt nach dem Tod der Mutter zum zweiten Mal in das „Hermann-Hildebrandt-Haus“. Der Leiter des Kinderheims, Pape, zeigt sich erschrocken über das Erscheinungsbild des Kindes. Als der Junge als Säugling zum ersten Mal in das Heim gebracht worden war, wog er 7,5 Kilogramm. Zehn Monate später hatte Kevin nur 500 Gramm zugenommen: „Das hat uns ziemlich schockiert.“ Für das Kind sei die Situation bedrohlich gewesen, berichtete Pape der Nachrichtenagentur ddp. Auch seine sprachliche und motorische Entwicklung sei zurückgeblieben gewesen. Er habe dem Amt für Soziale Dienste mitgeteilt, daß man den Jungen im Heim behalten wolle. Doch von der Behörde sei niemand vorbeigekommen, um sich den Jungen anzusehen.

Heimleiter entsetzt

Statt dessen wies der zuständige Mitarbeiter der Sozialbehörde in Absprache mit Kevins Amtsvormund an, daß der uneheliche Junge nach dessen Entlassung aus der Psychiatrie wieder übergeben werden müsse. Als Kevins Vater Ende November 2005 seinen Sohn abholt, ist Heimleiter Pape entsetzt über das Erscheinungsbild des Mannes. In Sorge um den Jungen berichtet Pape Bürgermeister Böhrnsen von dem Fall, der auch sofort reagiert habe.

Am 6. März 2006, gut einen Monat nachdem Sozialsenatorin Röpke sich des Falls angenommen hat, beschließt eine weitere „Fallkonferenz“ des Jugendamts, das Kind „im Rahmen der Tagespflege“ zu überwachen. Doch schon Mitte März berichtet die Tagesmutter den zuständigen Sachbearbeitern im Jugendamt, daß Kevin nicht regelmäßig zu ihr kommt. Die Maßnahme wird abgebrochen. Die nächste „Fallkonferenz“ des Jugendamtes beschließt am 20. April, daß Kevin in einem Kinderzentrum angemeldet wird. Zudem ist eine Patenschaft geplant. Es ist das letzte Mal, daß ein Mitarbeiter des Amtes den Jungen lebend sieht.

Tragisches Ende

Ein direkter Kontakt zu dem Kind kommt danach nicht mehr zustande, weil Kevins Vater sich den Hilfsangeboten entzieht. Mit Ausflüchten erklärt Bernd K. das Nichterscheinen seines Sohnes bei der „Frühförderung“ oder im „Spielkreis“. Mal gibt er vor, daß er mit Kevin zu seiner Mutter ziehen wolle, mal berichtet er von einem Todesfall in der Familie, der ihn zu einer Reise veranlasse. Erst Anfang September wird das Jugendamt mißtrauisch und versucht eine direkte Kontaktaufnahme mit dem Vater zu Hause. Doch Kevins Amtsvormund trifft niemanden in der Wohnung an.

Wenige Tage später meldet sich der Vater beim Jugendamt und vereinbart einen Termin, den er aber nicht wahrnimmt. Ein Anruf eines Mitarbeiters des Sozialzentrums bei seinem behandelnden Arzt ergibt, daß dieser Kevin am 5. Juli zum letzten Mal gesehen hat. Nun beschließt die „Fallkonferenz“ Kevin aus der Obhut des Vaters zu nehmen und erwirkt am 2. Oktober einen „Herausgabebeschluß“ des Amtgerichts, nachdem Bernd K. nicht zu den Vorladungen erschienen war. Am 5. Oktober wird der Termin der „Inobhutnahme“ von Kevin auf den 9. Oktober festgelegt. Doch erst am 10. Oktober öffnen Polizisten gewaltsam die Wohnungstür von Bernd K. - zu spät. Noch am selben Abend teilt Sozialsenatorin Röpke Bürgermeister Böhrnsen in einem langen Gespräch mit, daß sie von ihrem Amt zurücktreten werde.

Der Leidensweg von Kevin

23. Januar 2004: Kevin wird als uneheliches Kind geboren. Die Eltern sind drogenabhängig.
März 2004: Klinikaufenthalt von Mutter und Kind zur Entgiftung.
August 2004: Polizei meldet Verdacht der Kindesmißhandlung.
Oktober 2004: Einweisung Kevins in eine Kinderklinik wegen Frakturen.
November 2004: Kevin kommt in Obhut des Kinderheims „Herman-Hildebrandt-Haus“. Danach Einsatz eines Familienkrisendienstes.
März 2005: Jugendamt stellt positive Entwicklung des Kindes fest. Kind wieder bei der Mutter.
Juli 2005: Polizei meldet Auffälligkeiten des Kindes. Besuch von Mitarbeitern des Sozialzentrums. Sie stellen keine Versorgungsmängel fest.
November 2005: Mutter stirbt. Laut Notärztin wird Fremdverschulden nicht ausgeschlossen. Vater wird vom sozialpsychiatrischen Notdienst zwangseingewiesen. Kevin kommt zweites Mal in Obhut des Kinderheims.
17. November 2005: Jugendamt wird Vormund des Kindes.
21. November 2005: Mitarbeiter im Sozialzentrum schätzen die Erziehungsfähigkeit des Vaters unterschiedlich ein. Kevin kehrt zu Vater und Oma zurück.
Februar bis März 2006: Tagespflege mit Überwachung des Kindes.
April 2006: Fallkonferenz mit Stadtteilleiter: Abermals Unterstützung durch Frühförderstelle eingeleitet. Vater nimmt Termine bei Förderstelle nicht wahr.
September 2006: Amtsvorstand versucht Kontaktaufnahme mit Vater. Vater nimmt vereinbarten Termin nicht wahr. Telefonat zwischen Sozialzentrum und Arzt. Arzt hat Kevin zuletzt am 5. Juli gesehen; Inobhutnahme wird vorbereitet, aber vom Arzt abgelehnt; Fallkonferenz beschließt, Kind im Rahmen einer gerichtlichen Anhörung aus der Familie zu nehmen. Vater erscheint nicht vor Gericht. Gericht beschließt Herausgabe des Kindes.
10. Oktober: Auffinden des toten Kindes in der Wohnung des Vaters.

(Quelle: Akten des Bremer Jugendamtes zum Fall Kevin)

Text: F.A.Z.
Bildmaterial: AP, ddp, dpa

http://www.faz.net/s/Rub77CAECAE94D7431F9EACD163751D4CFD/Doc~E0DF7F7F0615E4BC3892AB294F671871E~ATpl~Ecommon~Sspezial.html



[editiert: 12.03.07, 12:53 von Admin]
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