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Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen
Staatsterror durch staatliche Eingriffe in das Familienleben
Verletzung von Menschenrechten, Kinderrechten, Bürgerrechten durch Entscheiden und Handeln staatlicher Behörden im familienrechtlichen Bereich, in der Kinder- und Jugendhilfe, in der Familienhilfe unter anderem mit den Spezialgebieten Jugendamtsversagen und Jugendamtsterror
Fokus auf die innerdeutsche Situation, sowie auf Erfahrungen und Beobachtungen in Fällen internationaler Kindesentführung und grenzüberschreitender Sorgerechts- und Umgangsrechtskonflikten
Fokus auf andere Länder, andere Sitten, andere Situtationen
Fokus auf internationale Vergleiche bei Kompetenzen und Funktionalitäten von juristischen, sozialen und administrativen Behörden

"Spurensuche nach Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen"
ist ein in assoziiertes Projekt zur
angewandten Feldforschung mit teilnehmender Beobachtung
"Systemkritik: Deutsche Justizverbrechen"
http://www.systemkritik.de/

 
Politiker: Begrüßungskörbe oder Arztzwang

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Seite: 1, 2, 3, 4, 5
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Gast
New PostErstellt: 20.03.07, 07:43  Betreff: Politiker: Begrüßungskörbe oder Arztzwang  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

taz, die tageszeitung

23. Januar 2007

Wie Politiker Kinder retten wollen;
Begrüßungskörbe oder Arztzwang: Sechs Pläne, wie Eltern daran gehindert werden, ihre Kinder zu zerstückeln

Eltern gehen mit dem misshandelten Kind zum Arzt, weil die Vorsorgeuntersuchungen verpflichtend sind. Das fordern vor allem Bayern und das Saarland und vielerorts die SPD. Der Arzt erkennt die Misshandlungen, leitet die Informationen an das zuständige Jugendamt weiter. Idealerweise fällt dem Arzt schon auf, wie die Eltern ihr Kind behandeln, bevor sie es misshandeln. Vielleicht merkt er es daran, dass sie eben nicht zur vorgeschriebenen Untersuchung kommen. Dann besucht das Jugendamt die Familie und prüft ihre Lebensumstände.


Die Jugendämter bekommen mehr Personal. Diese Forderungen haben sogar OppositionspolitikerInnen nur selten in den Mund genommen. Es müssen ja alle sparen. Die kommunalen Jugendhilfeeinrichtungen bezeichnen sich selbst als chronisch unterbesetzt. Alle wollen, dass sie trotzdem besser und mehr arbeiten.
Es muss viel früher eingegriffen werden. Entdecken Kinderarzt oder Jugendamt eine Misshandlung, ist sie schon geschehen. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist mit diesem Argument gegen die verpflichtenden U-Untersuchungen. Risikomütter werden am besten schon in der Schwangerschaft betreut, fordert sie. Spätestens nach der Entbindung haben sie Hilfsangebote vorliegen. In Nordrhein-Westfalen wird das in einem Düsseldorfer Modellprojekt zur Zeit erprobt. Vom Wochenbett an begleiten Ärzte und Sozialarbeiter Mütter, die sie in der Klinik als gefährdet eingestuft haben. Das sind sie, wenn es Anzeichen gibt, "dass die Mutter mit der Lebenssituation überfordert ist." Sie wird später in regelmäßigen Abständen besucht, dafür gibt sie in der Geburtsklinik eine schriftlich Einverständniserklärung ab.
Städte freuen sich über Babies und gucken bei der Gelegenheit bei jedem Neugeborenen vorbei. In Dormagen und Gelsenkirchen wird das seit Jahren gemacht. Neueltern kriegen einen Begrüßungskorb, Glückwünsche und Tipps. Die Mitarbeiter des Jugendamts kriegen einen Einblick in die Familienverhältnisse - und wissen, wer Hilfe braucht.
Spätestens im Kindergarten gibt es Hilfe. Für die Familienzentren, von denen es bis Ende 2007 1.000 in NRW geben soll, wird Familienminister Armin Laschet bundesweit gelobt. Ärzte, Schuldner- und Erziehungsberatungen sollen unter das Dach der Kita, damit Eltern sie auch tatsächlich nutzen.
Außerdem wird ein Kindergartenjahr kostenfrei. Das soll auch die letzten Eltern dazu bewegen, ihre Kinder in den Kindergarten zu schicken. Wie das finanziert werden soll, hat bis jetzt noch keine Partei schlüssig errechnet. Statt Kindergeld, lautet eine Rechenvorschlag von NRWs Minister Laschet. Bis dahin hat er den Kindergärten in NRW aber erst mal die Zuschüsse gestrichen.



[editiert: 03.05.07, 18:56 von Admin]
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Gast
New PostErstellt: 21.03.07, 21:51  Betreff: Re: Politiker: Begrüßungskörbe oder Arztzwang  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

KLARTEXT vom 14.12.2005
Berliner Kinder, völlig verwahrlost: Warum immer wieder Kinder durchs soziale Netz fallen

Zugemüllte, ungeheizte Wohnungen, die Kinder darin sind ihrem Schicksal überlassen: Immer wieder werden solche traurigen Funde gemacht. Häufig zufällig. Kinder sind bis zum Einschulungstermin dem guten Willen ihrer Eltern ausgeliefert. Denn verbindliche Untersuchungen gibt es nicht. Das war vor Jahrzehnten noch anders, in Ost wie West. Damals ging das Kindswohl noch über die Erziehungsfreiheit der Eltern.

Die elfjährige Julia ging nicht mehr zur Schule. Ein halbes Jahr lang. Erst dann wurde die Schule aufmerksam. Polizisten fanden das Mädchen eingesperrt in einer völlig verdrecken Wohnung in Berlin-Reinickendorf. Eines von sieben misshandelten Kindern, die allein in den vergangenen vier Wochen in Berlin entdeckt wurden. Wie kann es sein, dass in all diesen Fällen niemand etwas bemerkt hat: weder Nachbarn, noch die Schulen, noch das Jugendamt. Der Senat will ein so genanntes Frühwarnsystem einrichten, Schulen, Ärzte und Ämter sollen enger zusammen arbeiten, damit Kindesmisshandlung früher bemerkt wird. Das klingt gut, aber reicht das aus, wo doch die Gewalt meist im Geheimen stattfindet, in den eigenen vier Wänden? Nein, das reicht nicht! meint Ute Bartel.

Harald Mau, Leiter der Kinderchirurgie Charité
„Diesem Jungen ist eine Zigarette auf der Stirn ausgedrückt worden. Das weiß ich Hundertprozentig sicher.“
„Kein Verkehrsunfall, sondern körperliche Züchtigung.“
„Das sind die Finger der Hand.“

Manchmal fällt es Professor Harald Mau schwer sich zu beherrschen. Der erfahre Kinderchirurg der Charité muss immer wieder misshandelten Kindern helfen.
Nicht immer sind die Anzeichen so deutlich wie hier. Oft ist es nur ein Bluterguss. Dann fragt er die Eltern nach einer Erklärung.

Harald Mau, Leiter der Kinderchirurgie Charité
„Wie konnte es passieren? War es einmalig, mehrmalig. Muss man etwas tun, um es zu verhüten oder ist es ein einmaliger Ausrutscher? Wenn es in die andere Richtung geht: ‚Ach, seh ich zum ersten Mal! Hab ich noch nie bemerkt. Ist ja ganz komisch!’ Dann drängt sich der Verdacht auf, dass die Mutter etwas vertuschen will oder die Kinder so wenig Fürsorge genießen, dass sie zehn Tage verletzt in einem Haushalt leben, ohne das jemand etwas bemerkt.“

Nur ein kleiner Anteil der misshandelten Kinder kommt in die Notaufnahme. Die Dunkelziffer ist hoch. Professor Mau lässt sich nicht von den Ausreden mancher Eltern täuschen. Er stellt das Kindeswohl über die Schweigepflicht des Arztes.

Harald Mau, Leiter der Kinderchirurgie Charité
„Ich sage dann der Mutter: ‚Passen Sie mal auf! Ich glaube Ihnen das nicht. Und ich werde jetzt den und den benachrichtigen, denn ich befürchte, dass Ihrem Kind sonst schlechtes passiert.’ Das mache ich, um mich morgens im Spiegel ankucken zu können. Aber es ist juristisch auch in diesem Falle zulässig, dass zur Abwendung von akuten Gefahren für Leben und Gesundheit des Kindes sofort Amtshilfe bei der Polizei, bei der Staatsanwaltschaft beantragt wird.“

Eine Kinderarztpraxis in Berlin-Mitte. Eine junge Mutter bringt ihren einjährigen Sohn zur Vorsorgeuntersuchung. Freiwillig. Der Arzt testet dabei die Reaktionsfähigkeit von Anton – alles ist in Ordnung. Doch bei diesen Untersuchungen könnte er auch Entwicklungsstörungen sehen und auch Anzeichen für Misshandlungen.

Rainer Schwitzkowski, Kinderarzt
„Man kann auch Hinweise auf seelische Vernachlässigungen kriegen, wenn die Kinder nicht altersgemäß entwickelt sind, wenn sie keinen Kontakt zum Untersucher aufbauen. Bei dem Kind hier eben, das war ja wunderbar kontaktfreudig. Man schätzt auch mit das Mutter-Kind-Verhältnis ein. Das geht schon im Warteraum los, wie die Mutter sich dem Kind gegenüber verhält.“

Doch viele Fälle von Vernachlässigung bleiben unentdeckt. Deshalb plädiert Doktor Schwitzkowski dafür, diese Vorsorgeuntersuchungen für alle Eltern zur Pflicht zu machen.

Rainer Schwitzkowski, Kinderarzt
„Also aus meiner Sicht wäre das sinnvoll, weil man das dann einfach mal an einer Stelle definieren könnte und eben auch reagieren könnte, wenn die Termine nicht wahrgenommen werden. Ich denke, dass es da eine erhebliche Dunkelziffer gibt und dass die Kinder, die es vielleicht am nötigsten haben, gar nicht bei uns erscheinen.“

Doch von verpflichtenden Maßnahmen halten die zuständigen Senatoren nichts. Die Sozialsenatorin will nicht alle Eltern unter Generalverdacht stellen.

Heidi Knake-Werner (Die Linke.PDS), Sozialsenatorin Berlin
„Ich finde, man muss sie davon überzeugen und man muss ihnen alle Hilfe geben, die sie nötig haben und sie nicht zwingen. Weil ich das Gefühl habe, gewaltfrei erzieht man Kinder nur, wenn nicht selber auch so etwas wie Zwang oder Gewalt erfährt.“

Zwingen müsste man in Berlin nur wenige Eltern. Denn 95 Prozent nehmen die Untersuchungen im ersten Lebensjahr ihres Kindes wahr. Für sie würde sich durch eine gesetzliche Pflicht nichts ändern.

Molin Schlüter-Ideström, Mutter
„Für mich würde das keinen Unterschied machen. Ich mache das sowieso. Ich denke, natürlich ist es gut, wenn es Familien gibt, die ihre Kinder nicht zu den Untersuchungen bringen, dass sie das natürlich machen sollten.“

In Berlin gibt es noch ein anderes Angebot für Eltern, das auf Freiwilligkeit basiert. Die Hausbesuche des Kinder –und Jugendgesundheitsdienstes. Eine Sozialarbeiterin besucht in Marzahn eine Mutter mit einem Neugeborenen. Sie verschafft sich einen Eindruck, ob das Baby in stabilen sozialen Verhältnissen lebt. Und sie gibt Hilfe bei den Anträgen fürs Kinder –und Erziehungsgeld. Doch die Sozialarbeiter in Marzahn-Hellersdorf erreichen nur 60 Prozent der Familien. Mehr sind freiwillig nicht bereit.

Im Bezirk Mitte sind es etwas mehr. Doch in anderen Bezirken finden diese Hausbesuche gar nicht mehr statt. Problemfälle bleiben unentdeckt.

Matthias Brockstedt, Kinder- und Jugendgesundheitsdienst Mitte
„Wir haben jetzt die Situation, dass in Neukölln seit einem Jahr Stadtrat und alle Beteiligten Alarm schlagen und sagen, wir können unsere Sozialarbeiter nur noch zu Krisenfällen, zu akuten Kindsmisshandlungen und stattgehabten Problemen der Vernachlässigung in die Familien schicken. Prävention, Hausbesuche schaffen wir aus Personalmangel nicht mehr.“

Davon hat die Sozialsenatorin keine Kenntnis. Sie will stattdessen ein neues Frühwarnsystem erfinden.

Heidi Knake-Werner (Die Linke.PDS), Sozialsenatorin Berlin
„Wir wollen, dass die Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes so genannte Gehstrukturen entwickeln, die hingehen in die Familien, die schauen, wo es Probleme gibt.“

Der Leiter des Kinder –und Jugendgesundheitsdienstes in Mitte wünscht sich statt eines neuen Systems lieber mehr Personal in Problembezirken, damit dort Hausbesuche flächendeckend stattfinden können.

Matthias Brockstedt, Kinder- und Jugendgesundheitsdienst Mitte
„Für die Problembezirke würde ich diese 100 Prozent dringend einfordern, weil wir sonst wirklich nur noch Feuerwehrarbeit machen. Das heißt dann tätig werden, wenn die Nachbarn anrufen und es aus meiner Sicht als Kinderarzt eigentlich schon zu spät ist.“

Misshandelte Kinder. Viele werden nicht entdeckt. In ihrem Interesse sollten alle Eltern Pflichtuntersuchungen und Hausbesuche von Sozialarbeitern aushalten können.

Beitrag von Ute Barthel

http://www.rbb-online.de/_/fernsehen/magazine/beitrag_jsp/key=rbb_beitrag_3500639.html

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Gast
New PostErstellt: 22.03.07, 12:22  Betreff: Jugendhilfe erläutert Notwendigkeit einer Etaterhöhung  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Nachrichten / Jahrgang 2001

 

Wo Katastrophen abgeladen werden
Jugendhilfe erläutert Notwendigkeit einer Etaterhöhung / Eltern erzieherisch oft überfordert

 

la. – Das Jugendamt hat sich im September auf dem Gebiete der erzieherischen Hilfe um eine Aufstockung des Etats von 9,7 um 2,7 Millionen Mark bemühen müssen. Das ist vielerorts auf Unverständnis und Vorurteile gestoßen. Deshalb hat Stadtrat Jo Dreiseitel jetzt um Verständnis dafür geworben.

Die „Opfer“ einer mehr und mehr aus den Fugen geratende Gesellschaft kämen in vielfältigster Form beim Jugendamt an und erforderten eine ebenso vielfältige Hilfe. Rüsselsheim sei hier keine Ausnahme, sondern bestätige einen hessenweiten Trend.

Eine um 33 Prozent in die Höhe geschnellte Scheidungsrate, zunehmende Aggressivität unter Jugendlichen, eine generelle Vereinzelung der Menschen, das Wegfallen alter Hilfsmuster aus dem Kreise intakter Familien, verhaltensauffällige Schüler, bei denen sich manchmal auch die Schule ans Jugendamt wendet, ein häufig kaum noch sortierbares und zu begreifendes Anwachsen von Anforderungen überforderten Eltern und Kinder. Sehr viele Eltern fänden nicht mehr von selbst den Weg zur richtigen Hilfe, berichtete der Chef des Jugendamtes, Michael Schink.

In fast allen Fällen, so sagte Dezernent Dreiseitel, sei das Jugendamt mit „menschlichen Katastrophen und schweren Familiensituationen“ konfrontiert. Es greife aber so gut wie nie, wie es in früheren Jahren Selbstverständnis der Jugendbehörden gewesen sei, von sich aus ein, verstehe sich schon gar nicht als erzieherische Kontrollinstanz oder sei gar auf Wegschließen problematischer Kinder aus. Fast immer wendeten sich Not leidende und überforderte Menschen von selbst ans Amt.

Dort, so ergänzten Marion Loose, Abteilungsleiterin der allgemeinen Jugendhilfe, und Rainer Fränkle von der Qualitätsentwicklung, sei jeder einzelne Fall Gegenstand genauester und umfassendster Erörterungen und Untersuchungen. Immer mehr Schwierigkeiten, die früher von der Familie aufgefangen worden seien, würden heutzutage bei gesellschaftlichen Einrichtungen „abgeladen“.

Rüsselsheim nun verfüge über ein „sehr kompliziertes Geflecht an Zuwendungen“ und sei deshalb in der glücklichen Lage, außerordentlich fein abgestimmt helfen zu können. Das allerdings koste auch Geld, sei aber dem Ziele gewidmet, „zu stärken, zu beraten und zu unterstützen“ (Dreiseitel). Im Juni nächsten Jahres übrigens, kündigte der Dezernent an, soll Rüsselsheim Ort eines städtischen Symposiums zu solchen Fragen sein. Prominenter Gast: Bundesjugendministerin Dr. Christine Bergmann.
Main-Rheiner-Zeitung - 23.11.2001
 

Kommentar: Ein Jugendamt, das auf menschliche Katastrophen und schwere Familiensituationen von sich aus so gut wie nie reagiert, darf sich nicht wundern, wenn es die Kosten dafür später tragen muß. Vernachlässigte und misshandelte Kleinkinder benötigen aufsuchende Fürsorge und zielgerichtete Hilfen, damit sie seelisch gesunde Erwachsene werden können. Bleiben die frühzeitigen Hilfen aus, werden aus unsozialisierten Kindern unverschuldet störende Erwachsene, die die Gesellschaft teuer zu stehen kommen!
Christoph Malter (Dez. 01)

http://www.agsp.de/html/n45.html

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New PostErstellt: 23.03.07, 23:12  Betreff: Re: Politiker: Begrüßungskörbe oder Arztzwang  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Justin füllt die Kinderheime

Sie wurden verbrüht und ausgehungert - und ihr Leiden wurde öffentlich. Seit den verstörenden Kindestötungen werden in NRW mehr Kinder aus den Familien genommen. Trend oder Taktik?

VON MIRIAM BUNJES

Mia war acht als die Nachbarn ihre Schreie endlich hörten. Da hatte ihr Vater sie gerade zusammengeschlagen und vergewaltigt - "natürlich nicht zum ersten Mal", schreibt sie im Internetforum ihres alten Kölner Kinderheims, wo sie zusammen mit anderen ehemaligen Heimkinder versucht, ihre Biografie aufzuarbeiten. "Vorher hat es nur niemand gehört." Geschichten wie ihre hört Gerd Krugmann täglich. Missbrauch, Misshandlung, gefährliche Gleichgültigkeit, von der über Jahre kein Nachbar, kein Lehrer oder Sozialarbeiter etwas mitbekommen hat, sind sein Beruf. Der Erziehungsleiter des Bochumer Vinzenzkinderheims bekommt zur Zeit sogar noch mehr Kinder zu Gesicht als sonst. Nicht, dass die Zeiten brutaler geworden sind - das seien sie immer, sagt er. "Seit Kevin und Justin sind die Jugendämter vorsichtiger geworden", sagt Krugmann. "Das merken wir ganz deutlich an unseren Unterbringungszahlen, seit Herbst steigen sie überdurchschnittlich."

Im Herbst schlug ein drogensüchtiger Vater in Bremen seinen zweijährigen Sohn Kevin tot, dem Jugendamt waren vorherige Misshandlungen bekannt. Staatliches Versagen, mit dem auch die Stadt Bochum kurz darauf in die Schlagzeilen kam. Ein sechs Monate altes Baby, Justin, wurde von seinem Stiefvater mit brühend heißem Wasser getötet. Auch hier wurde das Jugendamt über Misshandlungen informiert.

Jetzt werden die Kinder eher früh aus der Familie in die Obhut des Jugendamts genommen. "Das wird sich wieder normalisieren, wenn die spektakulären Fälle aus den Medien verschwinden", sagt Krugmann. "Das kann sich keine Kommune leisten, vor allem keine verschuldete aus dem Ruhrgebiet". 114 Euro täglich kostet ein Platz im Bochumer Heim, das ist mit rund 3.500 Euro im Monat noch vergleichsweise günstig.

Trotzdem beobachtet das Landesjugendamt, das die kommunalen Jugendämter bei ambulanter und stationärer Jugendhilfe berät, auch in anderen NRW-Kommunen einen Trend zur Vorsicht. "Sie achten nach den Vorfällen verstärkt darauf, nicht solche Fehler zu machen", sagt Markus Fischer, Sprecher des Landesjugendamts NRW.

"Dafür brauchte es traurigerweise ein paar krasse Fälle von Kindstötung", sagt Friedhelm Gülthoff, Geschäftsführer des Kinderschutzbundes Nordrhein-Westfalen. Er fürchtet jedoch weiterhin die personelle Situation der Jugendämter. "Alle arbeiten an der Grenze, einige sogar darunter", sagt der Kinderschützer. "Auch wenn Ministerpräsident Jürgen Rüttgers NRW immer als kinderfreundliches Land bewirbt: Es wurde viel Geld für Kinder und Jugendliche gestrichen. Das zeigt, wo die politischen Prioritäten liegen."

Zu Unrecht wurden die zusätzlichen Kinder in Bochum nicht aufgenommen, sagt Heimerzieher Krugmann. "Die Entscheidungen liegen aber nicht immer eindeutig auf der Hand." Er wünscht sich deshalb mehr Prävention. "Kinder unter drei sind für den Staat fast unsichtbar", sagt er. "Da muss noch viel mehr Vernetzung zwischen Ärzten, Ämtern und Kindertageseinrichtungen stattfinden."

Auch der Dortmunder Erziehungswissenschaftler Jens Pothmann warnt davor, Heimaufenthalte als Allheilmittel zu sehen. Bundesweit gehen die Zahlen seit den 90er zurück, in NRW steigen sie seit dem Jahr 2000 wieder an. 7.900 Kinder und Jugendliche wurden im vergangenen Jahr vom Jugendamt in Obhut genommen - das bedeutet, dass sie solange aus ihrer Familie genommen wurden, bis ein Gericht über ihren weiteren Aufenthalt entscheidet. 2004 waren es mehr als 300 weniger, so die Zahlen des Landesamtes für Statistik. "Ein Heimaufenthalt ist ein schwerer Einschnitt in die Biografie eines Kindes", sagt Pothmann. "Einfach so mal vorbeugend sollte das auf keinen Fall gemacht werden."

taz NRW vom 19.12.2006, S. 2, 133 Z. (TAZ-Bericht), MIRIAM BUNJES

http://www.taz.de/pt/2006/12/19/a0012.1/text

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Gast
New PostErstellt: 24.03.07, 07:58  Betreff: Re: Politiker: Besuch vom Amt beim ersten Baby  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Besuch vom Amt beim ersten Baby

SOZIALES. Neuer Dienst der Stadt startet nach der Sommerpause. Besserer Kinderschutz nötig.

Zuerst flattert ein Brief mit dem Glückwunsch der Stadtspitze ins Haus. Darin findet sich neben den warmen Worten aber auch die Bitte, die Sozialarbeiter gleich hinterherschicken zu dürfen - nach diesem Dormagener Vorbild sollen bald alle frischgebackenen Essener Eltern Besuch vom Jugendamt bekommen. Mit einem Baby-Begrüßungspaket und vielen Informationen unterm Arm wollen die Mitarbeiter der Stadt künftig gratulieren zum Kind, sich aber auch ein Bild von den Familienverhältnissen machen und Vertrauen schaffen, um möglichst Notfälle verhindern zu können, die offenbar immer häufiger eintreten.

Jeden Tag eine Meldung
Seitdem der tragische Tod des kleinen Kevin aus Bremen neben anderen Kinderschicksalen die Menschen aufrüttelte, reißen die Meldungen über vernachlässigten oder misshandelten Nachwuchs nicht ab. In Essen bekommen die Sozialen Dienste inzwischen etwa 75 Prozent mehr Hinweise als noch im vergangenen Jahr. Was heißt: Etwa jeden Tag geht eine Meldung aus der Bevölkerung ein, so Ulrich Engelen: "Und das sind selten Nachbarschaftsintrigen", sagt der Abteilungsleiter im Jugendamt.

Das Gegenteil ist der Fall: Wenn die Sozialarbeiter nachschauen in den Familien, stellen sie "immer Beratungs- und Unterstützungsbedarf fest". Oft ist aber auch schnelles Handeln zwingend erforderlich. Bei jedem zehnten Besuch finden sich "Indikatoren für eine Kindeswohlgefährdung", sagt Engelen. Mit der Folge: Die Kleinen, meist deutlich jünger als sechs Jahre, müssen gleich reihenweise in Obhut genommen werden. Die ersten Engpässe tun sich auf: "Alle Bereitschaftsfamilien", die sich in den Listen des Jugendamts finden, "sind zurzeit ausgebucht".

Dass angesichts dieser alarmierenden Befunde mehr getan werden muss für den gesetzlich geforderten Schutz der Kinder, ist bei der Politik angekommen. Die hat dem Jugendamt deshalb den Auftrag erteilt, ein neues vorbeugendes Konzept fürs Kindeswohl zu entwickeln. Der Baby-Besuchsdienst, der laut Engelen nach der Sommerpause starten soll, ist dabei nur ein Modul des möglichst frühen Zugangs zu den Familien und Frauen, die Hilfen brauchen, meist weil sie überfordert sind durch ein kleines Kind.

Alle aktuellen Unterstützungs- und durchaus zahlreichen Förderangebote wie der Hebammendienst, aber auch vorgeburtliche Hilfen sollen auf den Prüfstand und bei Bedarf weiterentwickelt werden. Eine Zusammenarbeit der Gesundheits- und Jugendhilfe sowie der Schulen ist politisch ausdrücklich gewollt, wie es in einem Antrag von CDU und Grünen heißt: Damit "kein Kind verloren geht, das Hilfe braucht".FAMILIEN GESUCHT Weil immer mehr Kinder in Obhut genommen werden müssen, sucht das Jugendamt dringend nach engagierten Familien, die sich der verantwortungsvollen Aufgabe stellten wollen, fremden Nachwuchs auf Zeit zu betreuen. Kontakt: Tel: 88-51361, Ulrich Engelen, Leiter der Sozialen Dienste.

23.03.2007    JÖRG MAIBAUM

http://www.nrz.de/nrz/nrz.nachbarstadt.volltext.php?kennung=on1nrzPOLStaEssen39162&zulieferer=nrz&kategorie=POL&rubrik=Stadt&region=Essen&auftritt=NRZ&dbserver=1

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New PostErstellt: 29.03.07, 13:49  Betreff: Mehr als 1000 Babys  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Thüringer Allgemeine (Montag, den 26. März 2007 - 00:34 Uhr)
Mehr als 1000 Babys

25.03.2007   Von Angelika REISER-FISCHER 

Misshandlung und Vernachlässigung sind häufigste Todesursache von Babys zwischen dem 6. und 12. Lebensmonat. Besonders gefährdet seien Frühchen, sagen Jenaer Wissenschaftler. Dabei könnte einiges dagegen getan werden.
THÜRINGEN. Drei Kinder hat Kerstin Merkel, zwei kamen zu früh zur Welt. Der Kleine, heute zehn, braucht 24 Stunden am Tag Betreuung. Er ist schwerstbehindert. Der 13-Jährige hat gesundheitliche Probleme, die wohl nie vergehen. Was ihnen vor allem bleibt, ist die Liebe ihrer Mutter.

Alle Babys schreien und brauchen Kraft, Nerven, Zeit, sagt Kerstin Merkel. Aber Eltern frühgeborener Kinder fühlen sich oft noch dazu ängstlich, schuldig, schwach, mutlos. Sie wissen noch nicht, wie ihr Leben künftig aussehen wird.

Die Frühchen fordern Mütter und Väter ganz besonders. Ihre Eltern wissen oft nicht weiter oder können die Symptome nicht recht deuten, wenn so ein Kind schreit, es nicht trinkt, merkwürdig reagiert - vor allem, wenn es das erste Kind ist.

In der Thüringer Ambulanz für Kinderschutz in Jena erleben Ärzte nicht selten, wie Eltern verzweifeln, nicht mehr mitmachen, abblocken und ihre Kinder abschieben. So vergrößern sich noch die Sorgen.

Sie brauchen bessere Kontakte, Hilfen über die Zeit im Krankenhaus hinaus, sagt Prof. Udo Hoyme, Chefarzt der Gynäkologie am Helios-Klinikum Erfurt. Gewiss, die Hebammen besuchen auch diese Kinder zu Hause acht Wochen nach ihrer Geburt. Und dann? Eigentlich müsste es für diese Eltern wenigstens ein Jahr lang Begleitung und Beratung durch eine Hebamme geben, findet Klaus-Hermann Rößler, der Referatsleiter für Familienpolitik im Sozialministerium.

Es sind nicht wenige, für die dies zutrifft. Von rund 17 000 Kindern, die derzeit pro Jahr in Thüringen zur Welt kommen, sind sechs Prozent Frühgeborene - mehr als tausend Babys.

Das Land legt dafür derzeit ein Hebammen-Programm auf, 90 000 Euro stehen 2007 dafür bereit. Jedes Jugendamt in Thüringen habe Bedarf signalisiert, so Rößler. Nötig sei unbedingt auch die bessere Kooperation von Kliniken, sozialpädiatrischen Beratungsstellen, den 300 Hebammen sowie den Jugendämtern. Wie das Projekt weiter finanziert wird, ist völlig offen.

Auch Kerstin Merkel ist derweil nicht untätig. Sie gehört zum Verein für Frühchen und Risikogeborene "Ronja". Dort versuchen sich Eltern gegenseitig zu helfen. Möglichst schon von der Geburt des Kindes an.

Der Verein ist erreichbar unter www.jetzweb.de/fruehchenverein
 

http://www.thueringer-allgemeine.de/ta/ta.thueringen.volltext.php?kennung=on2taTHUThuNational39164&zulieferer=ta&kategorie=THU&rubrik=Thueringen&region=National&auftritt=TA&dbserver=1

 
 



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New PostErstellt: 29.03.07, 13:58  Betreff: Re: Politiker: Begrüßungskörbe oder Arztzwang  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Schutz von Kindern
Vorsorgeuntersuchung soll Pflicht werden
Kinder sind besonders schutzbedürftig.
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Kinder sind besonders schutzbedürftig. (Bild: picture-alliance/dpa)
Um Fälle von Vernachlässigung frühzeitig zu erkennen, sollen Kinder in Hessen künftig zur Vorsorgeuntersuchung gehen. An einem entsprechenden Gesetzesentwurf arbeitet die Landesregierung bereits, wie Sozialministerin Silke Lautenschläger (CDU) mitteilte.
 
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    * Entsetzen in Bromskirchen

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    * Vernachlässigtes Kleinkind gestorben

Zuletzt hatte der Tod eines 14 Monate alten Mädchens aus Bromskirchen für Entsetzen gesorgt. Die Eltern des Mädchens sitzen inzwischen wegen des Verdachts des Totschlags durch Unterlassen in Haft. Während die 21 Jahre alte Mutter bei der Polizei aussagt, schweigt der 33 Jahre alte Vater zu den Vorwürfen. Das Mädchen war am Rücken wund und wog nur sechs Kilogramm. Das ist etwa die Hälfte des für dieses Alter normalen Gewichts.
 
Einladungsschreiben zur Vorsorge
"Wir wollen, dass alle Eltern ein Einladungsschreiben zur Vorsorge bekommen", sagte Lautenschläger der "Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen". Vieles spreche dafür, dass das Kind in Bromskirchen seit Monaten keinen Arzt gesehen hatte. Zugleich appellierte sie, jeder solle genauer hinschauen, wenn Kinder vernachlässigt werden.

Der CDU-Parteitag und auch der Bundesrat hätten die Pflicht zur Vorsorgeuntersuchung bereits beschlossen, nur die Bundesregierung habe ihre ablehnende Haltung noch nicht aufgegeben, kritisierte Lautenschläger. Daher werde nun an einem Gesetz für Hessen gearbeitet.

http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/index.jsp?rubrik=15662&key=standard_document_30164978



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New PostErstellt: 31.03.07, 00:19  Betreff: Re: Politiker: Begrüßungskörbe oder Arztzwang  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Hilfe, auch nach der Geburt
Kinderschutz: Die Arbeit von Familienhebammen gilt als wichtiger Ansatz

Von Katja Schmidt

WIESBADEN/HANNOVER. Kindesmisshandlung hat viele Ursachen - nicht selten haben Eltern, die ihren Kindern Schaden zufügen, selbst als Kinder Gewalt erfahren. Und auch das sagen Experten: Häufig schrecken Eltern davor zurück, rechtzeitig nach Hilfe zu fragen. "Viele haben selbst in ihrer Kindheit Erfahrungen mit Jugendamt, Heimerziehung oder Pflegestelle gemacht", sagt Georg Hohlbein von der Kasseler Beratungsstelle des Kinderschutzbundes. "Sie sind sehr skeptisch, ob sie mit ihren familiären Problemen nach außen gehen sollen." Dahinter stehe die Angst: Mir wird mein Kind weggenommen.

Als gute Möglichkeiten, gefährdete Familien zu erreichen und ihnen zu helfen, gilt die Arbeit von Familienhebammen. "Hebammen haben einen positiv besetzten Zugang zu den Frauen - auf das Kind bezogen", sagt etwa der Kasseler Arzt und Kinderschutzexperte Bernd Herrmann. "Das Jugendamt hat ungerechtfertigterweise für viele einen negativen Beigeschmack."

Bis das Kind ein Jahr alt ist

Die Arbeit einer Familienhebamme beginnt idealerweise schon während der Schwangerschaft. Die Betreuung und Beratung für den Umgang mit dem Kind läuft aber weiter, bis es ein Jahr alt ist. Familienhebammen sollen mit anderen Einrichtungen zusammenarbeiten und weitere Hilfen vermitteln.

In Niedersachsen, so sagt die Vorsitzende des Landeshebammenverbandes, Uschi Fietz, setze sich die Arbeit von Familienhebammen allmählich durch. "Gerade wird darüber in vielen Städten verhandelt." In Braunschweig und Osnabrück sowie im Landkreis Leer hatte es zuvor Modellprojekte gegeben. Die Finanzierung werde zwischen den Jugendämtern und der Stiftung "Eine Chance für Kinder" aufgeteilt. Auch die Kurse, mit der Hebammen für die Familienarbeit qualifiziert werden, laufen weiter. Dabei geht es unter anderem um Kinderheilkunde, um Psychologie, aber auch um rechtliche Regelungen.

Solche Fortbildungen laufen in Kürze auch in Hessen an. Die Landesregierung habe dafür jetzt 43 000 Euro zur Verfügung gestellt, sagt die Vorsitzende des Hessischen Hebammenverbandes, Ute Petrus. Wie dann der Einsatz der Hebammen vor Ort jeweils finanziert werde, müsse noch geklärt werden. Petrus sagt: "Wir können nicht die Welt retten." Aber die Hebammen könnten Grenzfälle entschärfen - zusammen mit anderen zuständigen Institutionen.

29.03.2007

http://www.hersfelder-zeitung.de/dpabrennpunkteticker/00_20070329201848_Hilfe_auch_nach_der_Geburt.html

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Gast
New PostErstellt: 11.04.07, 19:07  Betreff: Im Saarland werden Eltern an Vorsorgetermine erinnert  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Ärzte Zeitung, 11.04.2007
Im Saarland werden Eltern an Vorsorgetermine erinnert
Gesundheitsminister startet Alleingang bei Vorsorge-Untersuchungen / Geplant sind auch zusätzliche Hilfen für Eltern bei der Erziehung

SAARBRÜCKEN (kin). Als erstes Bundesland hat das Saarland damit begonnen, flächendeckend zu kontrollieren, ob die Eltern mit ihren Kindern zu Vorsorge-Untersuchungen gehen.
Pädiater bei der U7-Untersuchung: Das Saarland hat jetzt eine eigene Screeningstelle eingerichtet. Foto: klaro

Wie Saar-Gesundheitsminister Josef Hecken (CDU) mitteilte, übernimmt seit Monatsbeginn eine zentrale Screening-Stelle an der Homburger Uniklinik den Abgleich von Daten der Einwohnermeldeämter und der Meldungen der etwa 140 Kinderärzte im Saarland. Der Datenabgleich soll Auskunft darüber geben, welche Kinder im Alter bis zu fünfeinhalb Jahren nicht an den Früherkennungs-Checkups teilgenommen haben.

Hecken sprach von "einem wichtigen Grundstein zum Schutz des Kindeswohls". Damit werde ein notwendiger Beitrag geleistet, um Misshandlungen und Vernachlässigungen vorzubeugen. Konkret erhalten Eltern, die ihre Kinder nicht zur Vorsorge schicken, ein Erinnerungsschreiben. Wird die Untersuchung dann nicht nachgeholt, können sich die Gesundheitsämter vor Ort über den Zustand des Kindes informieren und notfalls das Jugendamt einschalten.

Mit der Einrichtung der Screening-Stelle zur Teilnahme an den Vorsorge-Untersuchungen hat das Saarland einen Alleingang gestartet, nachdem sich die CDU-Landesregierung mit ihrer Forderung nach einer bundesweiten Vorsorge-Pflicht weder bei der Bundesregierung noch im Bundesrat durchsetzen konnte.

Hecken forderte in Saarbrücken die Bundesregierung erneut auf, die Vorsorge für alle zur Pflicht zu machen. Außerdem müsse der Gemeinsame Bundesausschuss die Richtlinien so ändern, dass die Kinder von Ärzten auch auf Spuren von Vernachlässigung, Gewalt und Missbrauch untersucht werden.

Parallel zum Start der Screening-Stelle hat die Landesregierung ein Modell-Projekt "Frühe Hilfen" angekündigt. Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) erklärte, Ziel sei es, Eltern nach der Geburt ihres Kindes bei der Bewältigung von ersten Erziehungsaufgaben individuelle Unterstützung zu geben - zum Beispiel durch die Bereitstellung von Hebammen. Gedacht ist auch an Unterstützung im Haushalt, aber auch an Kurse und Seminare für Eltern.

Das Projekt soll den Angaben der Politikerin zufolge im Sommer starten. In allen saarländischen Landkreisen sollen dafür Koordinatorenstellen eingerichtet werden. Daran sind außer Land und Kreisen auch die Krankenkassen beteiligt. Das Geld kommt vom Bundesfamilienministerium. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt vom Institut für Psychosomatische Kooperationsforschung und Familientherapie des Universitätsklinikums Heidelberg.

Der saarländische Landtag hatte die Einrichtung der Screening-Stelle und die Hilfsangebote für die Familien im Februar einmütig beschlossen. Auch die SPD-Opposition unterstützt das Vorhaben. Die SPD-Abgeordnete Cornelia Hoffmann-Bethscheider verwies allerdings darauf, dass die Landesregierung angekündigt hatte, im Zuge einer Verwaltungsreform bei der Jugend- und Sozialhilfe 22,7 Millionen Euro einzusparen. "Das passt nicht zusammen", erklärte sie. "Es reicht nicht aus festzustellen, dass ein Kind Hilfe braucht. Bei den Jugendämtern muss auch das Geld vorhanden sein, um ihm tatsächlich helfen zu können".
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New PostErstellt: 16.04.07, 22:44  Betreff: Re: Politiker: Begrüßungskörbe oder Arztzwang  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

(13.04.2007)         
DIE CHECKLISTE FÜR GEFÄHRDETE KINDER
Worauf die Jugendämter achten sollen

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Nach diesen Kriterien werden Mitarbeiter der Berliner Jugendhilfe, aber auch Polizisten, die zu einer Familie gerufen werden, künftig prüfen, ob bei einem Kind der Verdacht auf Missbrauch oder Vernachlässigung besteht. Diese Punkte können, aber müssen keine Indizien für eine Vernachlässigung sein.

Gesundheit: Unterernährung, falsche Ernährung, Übergewicht, Bulimie, unangenehmer Geruch, chronische Müdigkeit, Hämatome, Narben, Krankheitsanfälligkeit, Knochenbrüche, auffällige Rötungen oder Entzündungen im Genital- und Analbereich, Schlafstörungen, Essstörungen, Einnässen, Einkoten

Versorgungsmängel: ungewechselte Windeln, nicht witterungsgemäße Kleidung.

Entwicklung: eingeschränkte Reaktion auf optische oder akustische Reize, Wahrnehmungs- und Gedächtnisstörungen, Konzentrationsschwäche, Verzögerung der Sprach- und Intelligenzentwicklung

Psychische Auffälligkeiten: Apathisch, traurig, aggressiv, schreckhaft. unruhig, schüchtern, ängstlich verschlossen, Angst vor Verlust, Blickkontakt fehlt, Selbstverletzungen

Verhalten: Hält keine Grenzen und Regeln ein, distanzlos, beteiligt sich nicht am Spiel, sexualisiertes Verhalten, Konsum psychoaktiver Substanzen, Schulschwierigkeiten Tsp

http://www.tagesspiegel.de/berlin/archiv/13.04.2007/3197815.asp

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