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Liebe Sylvia!
Ich glaube ich verstehe was Du meinst: Du hast das Gefühl, daß Deine kleine Stieftochter versucht mit einem unangemessen Theater etwas durchzusetzen was im Moment gerade einfach nicht geht. Sie akzeptiert in dem Moment nicht, daß sie eine Unmöglichkeit fordert und steigert sich in eine unglückliche Stimmung hinein. Ist es das?
Ich vermute, das ist ein Problem, von dem viele Eltern berichten können, unabhängig davon ob sie in einer Patchworkfamilie leben oder nicht.
Kinder haben m.E. noch keine große Frustrationstoleranz. Sie leben im Jetzt und fühlen sich in einer Falle, wenn ein starkes Bedürfnis im gleichen Moment nicht erfüllt werden kann.
Ich erinnere mich lebhaft, wie mein 14 Jahre jüngerer Bruder ein wahnsinniges Theater machte, weil er am Sonntag keinen Kartoffelbrei bekam. "Die Läden haben zu" war kein Argument das er akzeptierte.
Kinder müssen erst noch lernen wie sie sich in diesen Situationen beruhigen können. Schimpfen hat oft keinen Zweck, da sie dadurch (wenn auch negative) Aufmerksamkeit bekommen und sich noch weiter hineinsteigern.
Ich bin keine Pädagogin und kann Dir nicht sagen, was in einer solchen Situation am besten zu tun ist. Ich entscheide meist aus dem Bauch heraus, versuche meiner Stieftochter etwas beruhigendes zu sagen, lasse sie manchmal für ein paar Minuten alleine, damit sie sich beruhigen kann (das geht bei ihr, bei anderen Kindern geht das vielleicht nicht). Ich versuch ihr ein Gefühl für Zeit zu geben. Weiter oben war der Vorschlag gekommen anhand eines Kalenders ihr zu zeigen, wann sie die Mutter wieder sehn kann. Das finde ich auch sehr gut.
Nicht alles ist Schauspielerei. Sicher erscheint Dir ihre Reaktion unangemessen, aber im Kern ist sie tatsächlich unglücklich. Du hast die Möglichkeit diesen Kern anzusprechen und die Schauspielerei zu übersehn.
Ich weiß ganz gut was mir persönlich hilft, wenn ich unglücklich bin und wende das auch bei Kindern an. Ein Taschentuch um die Nase zu putzen stoppt oft Tränen. Ein Glas Wasser tuts auch. Tief durchatmen beruhigt. Ich nehm dann meine Stieftochter auf den Schoß und beobachte "Gluckerwellen", das heißt wie sich der Bauch hebt und senkt, wenn sie atmet. Ich erinnere sie an schöne Dinge und Stimmungen.
Zu den anderen Themen schreib ich Dir gern auch noch was, aber ich hab jetzt leider grade keine Zeit. Vielleicht können wir uns auch per Mail austauschen? Meine adresse findest Du oben.
Liebe Grüße,Anne