Beitrag 591 von 830 (71%) | Anfang zurück weiter Ende |
|
Hallo,
ich habe mir mittlerweile selbst ein paar Gedanken gemacht. Vor allem habe ich mir mal überlegt, was ich als Kind denn von einer Frau erwartet hätte, die mit meinem Vater zusammen lebt. Ich würde wollen, dass sie mich gern hat und akzeptiert wie ich bin. Dass sie nett zu mir ist und fair und dass sie mich nicht ausgrenzt oder mir den Papa weg nimmt. Was mir vor allem aufgefallen ist: ich hätte mir nicht gewünscht, dass sie mit mir spielt oder so. Das wäre auch schön, ist aber nicht das Kriterium für ein gutes Verhältnis. Insofern ist mir gerade so einiges wie Schuppen von den Augen gefallen. Und ich denke, ich habe hier auch einen Punkt gefunden, an dem ich ansetzen kann.
Was genau kann ich denn nun ändern? Was beispielsweise die Fernsehzeit betrifft, sind mein Partner und ich absolut dagegen, dass eine Sechsjährige so lange irgendwelche ungeeigneten Sendungen sieht. Am Ende der Fernsehzeit wird sich bei uns also nichts ändern. Dafür kommt ja bei uns am Abend immer die Rätsel- und Lesezeit. Das kann doch nicht so verkehrt sein, es gefällt ihr ja auch. Müssen wir jetzt unsere Erziehungsprinzipien über Board werfen, weil die Mutter keine hat? Das fände ich auch unfair unseren Kindern gegenüber, die wir mal haben werden.
Mit dem "anpassen" meinte ich integrieren. Es gehören alle zur Familie und jeder muss seinen Beitrag leisten. Ich stehe am Wochenende früher auf, wenn sie da ist, ich verzichte auf meine Hobbies, ich gehe nachts zu ihr, wenn ich zuerst höre, dass sie weint. Ich denke also nicht, dass ich grundsätzlich stur bin und alles immer so machen will, wie sonst auch. Nein, wirklich, bei uns läuft vieles anders, wenn sie da ist. Aber sie kann doch in ihrem Alter auch verstehen, dass es bei uns eben anders ist als bei der Mama. Und sie kann sicherlich auch verstehen, dass wir nicht springen, wenn sie pfeift. Bei aller Liebe, das würde ich nie zulassen. Habe ich früher solche Sachen gemacht? Wenn ich ganz ehrlich bin: ich habe es nicht getan. Bei uns gab es das auch gar nicht. Ich habe mich früher nicht mal getraut, nach dem Zubettgehen nochmal auf die Toilette zu gehen. Wirdersprechen? Bloß nicht. Zugegeben: das sind Umstände, die ich weder ihr noch meinen eigenen Kindern zumuten möchte. Aber ich finde, Erziehung ist heutzutage zu lasch. Scheidungskinder haben es auf jeden Fall schwer, sie sind hin und her gerissen. Aber müssen sie deshalb mehr Freiheiten haben als andere Kinder? Mehr Verständnis auf jeden Fall, aber alles durchgehen lassen auf keinen Fall. Ich habe nur kein Verständnis dafür, dass ich die Sachen, die die Mutter unserer Meinung nach falsch macht, weil sie Konflikte mit der Tochter vermeiden will, nun auch tun muss, damit das Kind nicht durcheinander kommt. Wir sind sogar davon überzeugt, dass sie bei uns einen "normaleren" Tagesablauf und eine familiennähere Situation hat als zu Hause. Aber leider kann sie das ja nicht einschätzen, weil sie eben das andere als normal empfindet.
Es tut mir leid, aber wenn ich den ganzen Tag mit ihr beschäftigt bin, brauche ich einfach auch mal Ruhe am Abend. Einfach, um den nächsten Tag besser starten zu können. Und ein 6 Jahre altes Kind hat auch am Wochenende - wobei es hier Ausnahmen gibt - um 20 Uhr eigentlich längst im Bett zu liegen. Alles andere finde ich nicht sehr verantwortungsvoll. Aber das ist wohl eine Ansichtssache, die jeder für sich entscheiden muss. Das Mädchen ist aber übrigens nicht immer nur am Wochenende bei uns. Auch früher hatten wir sie nicht nur 2 Tage, sondern gleich 5, also Tage, wo sie früh in den Kindergarten musste.
Ich kann jetzt nur versuchen, die kommenden Tage (sie ist ab heute Abend bei uns) alles besser zu machen, auch mal ein Auge zuzudrücken. Schimpfen tue ich aber echt nur, wenn sie rumzickt oder nicht tut, was ihr gesagt wurde, das ist aber eher mal eine deutlichere Ermahnung, ich schreie sie nicht an oder so (bis auf dieses eine Mal, was mir auch wahnsinning leid tut). Ich kann natürlich versuchen, auch hier mal ein Auge zuzudrücken.
Wenn noch irgendwem ein paar Tipps oder Vorschläge einfallen, was ich konkret machen kann, dann schreibt bitte. Ich bin für jede Hilfe dankbar. Aber schreibt bitte nicht, es sei nicht meine Aufgabe, mich um das Kind zu kümmern und mit ihr zu spielen. Natürlich ist es mehr wert, wenn der Papa das macht. Aber der spielt eben nur ungern mit Puppen und basteln kann er auch nicht. Mir dagegen macht es Spaß. Und Papa ist eben dann dran, wenn gemeinsam gebaut oder gekocht wird. Er schließt sich also auf keinen Fall aus.
Ach ja, weil sie sagte, sie wolle nicht zu uns. Selbst ihre Mutter hat vorhin zu uns gesagt, sie vermute, dass das eher an der langen Fahrt liege. Sie hat es bei uns wirklich gut, genau so, wie es sein soll. Mir fällt es eben auch nicht leicht, mit einem Kind klar zu kommen, das so viele anerzogene "Macken" hat. Im Übrigen sagt sie mir am Telefon schon hin und wieder, dass sie mich vermisst und mich lieb hat. So schlecht kann ich also auch nicht sein. Ich lasse sie eben nur nicht alles tun, was sie will. Tut Ihr das denn? Sicherlich nicht.
Sylvia