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Knast - und wie hier das Recht gepflegt wird

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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 30.12.04, 15:26  Betreff:  Noch ein bedrückender Bericht von Thomas Meyer-Falk aus der JVA Bruchsal  drucken  weiterempfehlen




kopiert aus: http://www.de.indymedia.org/2004/12/102700.shtml


Meinungsfreiheit im Strafvollzug

von Thomas Meyer - Falk - 30.12.2004 14:40

“ Meinungsfreiheit im Strafvollzug – stilles Ende einer Affäre “


“ Im September 2003 erhängte sich in der Justizvollzugsanstalt ( = JVA ) Bruchsal Thomas B. !
Sein Suizid machte viele Mitgefangene, die ihn kannten, aber auch die übrigen betroffen, und da die von den Insassen gewählte “ Gefangenenvertretung “
( = GV ) hinter dem Selbstmord Mißstände im Gefängnis vermutete, schrieb sie einen Brandbrief an das Parlament, die zuständigen Fachgerichte, sowie die
- damalige – Landesjustizministerin.



Disziplinarische Konsequenzen :

Unmittelbare Folge dieses Briefes war der Rauswurf der Gefangenen G. und L. ( auf Anordnung des Anstaltsdirektors MÜLLER ) aus der GV und die Verhängung von drei Tagen Arrest ( http://www.de.indymedia.org/2003/12/70912.shtml ). Der Herr Müller fühlte sich und die wertvolle Arbeit seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch
“ Verbreitung unwahrer Behauptungen “ diffamiert. Es gäbe keine Mißstände, der sich suizidierende Gefangene sei korrekt behandelt worden, niemand habe mögliche Vollzugslockerungen in seiner Sache seitens der JVA rechtswidrig verzögert.

Die JVA mußte sich einige Monate später vom Landgericht belehren lassen, daß weder der Arrest noch der Rauswurf aus der GV gerechtfertigt waren; allerdings folgte das Gericht dem Vortrag der JVA, daß die in dem Protestbrief erhobenen Vorwürfe gegen die Anstalt, bezogen auf den Fall des toten Gefangenen, nicht zuträfen.

Das Justizministerium zog gegen den Beschluß des Landgerichts vor das Oberlandesgericht – und verlor.
Hatte der Herr Müller nun ein Einsehen und ließ die Sache auf sich beruhen ?
Nein ! erneut schloß er die Gefangenen G. und L. aus der GV aus und ordnete diesmal eine mehrwöchige “ Freizeitsperre “ an ( dies bedeutet im Vollzugsalltag, daß der betroffene Insasse nicht an abendlichen Gruppenaktivitäten teilnehmen darf ).

Dem von beiden Gefangenen angerufenen Gericht reichte die Sache so langsam : in Eilverfahren ordnete es die vorläufige Außervollzugsetzung der Maßnahmen an, d.h.
Die JVA durfte sie nicht vollstrecken. Zudem gewährte es Prozeßkostenhilfe und ordnete ihnen Anwälte auf Staatskosten bei.

Einige Monate später entschied das Gericht in der Hauptsache und hob, wie zu erwarten, erneut die Anordnungen der JVA auf und sparte nicht an deutlichen Worten in Richtung Anstalt.

Erst jetzt war der Anstaltsleiter bereit, zumindest juristisch die Sache zu beenden und stellte das Disziplinarverfahren ein. In der Verfügung betreffend Herrn G. heißt es hierzu jedoch, daß die JVA “ ausschließlich aus dem Grund darauf verzichtet
( Herrn G. zu disziplinieren , T. M – F. ), um das im Zusammenhang mit dem Tod des Gefangenen entstandene unwürdige Schauspiel nunmehr zu beenden und das Andenken des Gefangenen nicht weiter zu beeinträchtigen.“

Ob dies späte Einsicht des Herrn Müller ist ? Mit viel Wohlwollen könnte jedenfalls diesem Satz zumindest der Ansatz von Selbstkritik entnommen werden, würde nicht zuvor der Anstaltsleiter darauf beharren, daß im Grunde Herr G. dennoch unwahre Behauptungen aufgestellt hätte.


Sonstige Konsequenzen :

Wäre es bei den Disziplinierungsversuchen geblieben, man könnte darüber schulterzuckend hinweg gehen und selbige der verletzten Eitelkeit der Anstaltsjuristen zurechnen. Jedoch wurden in Folge des Protestbriefs von 2003 den beiden Gefangenen G. und L. jegliche Vollzugslockerung verweigert. Konkret ging es um von Wärtern begleitete Ausführungen zu Angehörigen der beiden Inhaftierten.
Ihnen wurde Flucht – und Mißbrauchsgefahr unterstellt, u.a. auch unter dem Hinweis auf ihr “ Verhalten “ nach dem Suizid des Mitgefangenen B. 2003.
Ihr Protestbrief, in welchen sie – Zitat – “ angebliche Mißstände “ aufgezeigt hätten, belege ihre “ Unzufriedenheit “ mit ihrer eigenen Vollzugssituation, folglich sei eine Flucht – oder Mißbrauchsgefahr nicht auszuschließen.

In einem wahren Prozeßmarathon
( Details : http://www.de.indymedia.org/2004/01/72318.shtml
http:// www.de.indymedia.org/2004/09/9278.shtml )
des Herrn L. bedurfte es erst mehrerer Entscheidungen der Gerichte sowie einer Dienstaufsichtsbeschwerde an die Justizministerin, um die Anstalt dazu zu bewegen, ihm wieder Ausführungen zu gewähren.
Und Mitte Dezember 2004 erhielt nunmehr auch Herr G. von der Gefängnisleitung
( vertreten durch Frau Oberregierungsrätin G ; manchen vielleicht noch als Oberregierungsrätin X bekannt ) ab 2005 Ausführungen bewilligt.

Ende gut – alles gut ? Bei den über ein Jahr dauernden juristischen Streitigkeiten wurden Steuergelder, überschlägig geschätzt, in fünfstelliger Höhe verpulvert, der Prozeß der Resozialisierung der Herren G. und L. lag über ein Jahr brach und letztendlich geriet auch der Anlaß völlig aus dem Blick : der Tod von Thomas B. !

“ Immer
dort wo Menschen sterben
werden Stein und Stern und so viele Träume
heimatlos “

( frei nach Nelly Sachs )



Thomas Meyer – Falk , c/o JVA – Z.3117,
Schönbornstr. 32, D – 76646 Bruchsal,
http://www.freedom-for-thomas.de

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bjk

Beiträge: 7353
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New PostErstellt: 30.12.04, 15:32  Betreff:  Re: Noch ein bedrückender Bericht von Thomas Meyer-Falk aus der JVA Bruchsal  drucken  weiterempfehlen



in diesen Zusammenhang paßt: http://www.de.indymedia.org/2004/12/102665.shtml


Feiertage im Knast

von ROTE FRAKTION NEUDORF - 30.12.2004 00:42

Die von einem Genossen zugesandte " Festschrift " zeigt einmal mehr, was sich alles so Mensch nennt und in JVA´s arbeitet.




Jedes Jahr zu Weihnachten setzt sich Anstaltsleiter MÜLLER der JVA Bruchsal wohl hin und blättert in dem, was er für Literatur hält.
Der Sinn dahinter ist jener, den Gefangenen eine Botschaft der Nächstenliebe und Seeligkeit zu vermitteln, wie es sonst nur einer Kreuzritterin wie Frau Schavan gelingt. Leider kommt Anstaltsleiter MÜLLER nicht über das örtliche Telefonbuch hinaus. Das Blatt an sich, finden wir, spricht für sich. Auf diesem Wege wünschen wir allen politischen Gefangenen ( Nazis zählen definitiv nicht dazu )das Beste für das kommende Jahr. Besonders denken wir an die Gefangenen aus der RAF sowie an jene, die momentan speziell durch einen gewissen Otto S. in den NATO - Knästen interniert sind.
EINE FRONT, DRINNEN WIE DRAUßEN !



ERGÆNZUNGEN

GRÜSSE AN ALLE GENOSSEN IN DEN KNÄSTEN
ROTSCHWARZE FRONT 30.12.2004 14:48

Grüsse an alle GenossInnen in den Knästen!
Speziell an alle Redskins, Rz & RAF !

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bjk

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New PostErstellt: 25.05.05, 16:11  Betreff: Re: Noch ein bedrückender Bericht von Thomas Meyer-Falk aus der JVA Bruchsal  drucken  weiterempfehlen




kopiert aus: http://de.indymedia.org/2005/05/117873.shtml


[b]Menschenunwürdige Unterbringung ...

von Thomas Meyer - Falk - 24.05.2005 16:14

Menschenunwürdige Unterbringung - am Beispiel der Haftanstalt Bruchsal


Im folgenden möchte ich die Thematik der menschenunwürdigen Unterbringung in deutschen Gefängnissen exemplarisch am Beispiel der Justizvollzugsanstalt (= JVA) Bruchsal problematisieren. Ferner soll der Frage nachgegangen werden, ob das Gefängnispersonal, einmal ganz legalistisch betrachtet, sich nicht gewissermaßen laufend des Verfassungsverstoßes schuldig macht.

A.) JVA Bruchsal
Gebaut wurde die Anstalt 1884 als erstes Zuchthaus auf dem europäischen Kontinent in panoptischer Bauweise, d.h. von einer “ Zentrale “ gehen vier jeweils als “ Flügel “ bezeichnete Trakte aus.
Die Zellen sind ca. 8 qm klein, sie sind ausgestattet mit Schränken, Tisch, Stühlen, Betten und, darauf kommt es im folgenden noch besonders an, mit offen im Zelleneck stehenden Kloschüsseln, lediglich durch einen Vorhang schamhaft verborgen.
2004 wurde einer der vier Trakte frisch bezogen, da er im Verlaufe mehrjähriger Renovierungsarbeiten vorübergehend leer stand. Dort wurden die Waschbecken und WC – Schüsseln baulich repariert, so dass eine kleine “ Nasszelle “ entstand, in die man sich zur Verrichtung der Notdurft zurückziehen kann.

Auf Grund der immer häufiger verhängten Freiheitsstrafen gilt auch die JVA Bruchsal als überbelegt; Zellen, die eigentlich dazu gedacht sind, von einem Gefangenen bewohnt zu werden, belegt man häufig mit zwei Insassen.

B.) Problemstellung

Was heißt es, wenn eine Zelle in der das WC offen ist im Eck steht von zwei Gefangenen belegt ist? Nun, die Bewohner sind den Gerüchen, Geräuschen des Zellenkollegen zwangsläufig ausgesetzt, wenn dieser das Klo benutzt. Auch das Öffnen des Zellenfensters bringt nicht wirklich Abhilfe.
Hinzu kommt, dass Lebensmittel nicht wirklich luftdicht im Haftraum aufbewahrt werden können; diese werden gewissermaßen “ geräuchert “ (die Zellenschränke verfügen über keine Rückwand, damit das Personal Versuche, ein Loch in die Wand zu graben, rascher entdecken kann).
Wenn es also schon schwer erträglich ist, die eigenen Lebensmittel dem eigenen Gestank auszusetzen, verstärkt sich der unappetitliche Effekt durch den WC – Gebrauch durch einen Mitbewohner noch um ein Vielfaches.
Erstaunlicherweise lassen sich die meisten Gefangenen, denen eine solche Doppelunterbringung in einer Einzelzelle zugemutet wird, dies mehr oder weniger stillschweigend gefallen.

C.) Juristische Hintergründe

Ich möchte niemanden mit einer langatmigen juristischen Exkurs langweilen, aber ein paar Fakten müssen erwähnt werden.


C1.) § 18 StrVollzG ( = Strafvollzugsgesetz)
Das seit 1977 geltende Gesetz billigt jedem und jeder Gefangenen zu, zumindest während der Ruhezeit, sprich abends und nachts, alleine untergebracht zu werden. So soll den Inhaftierten ein Minimum an Intim – und Privatsphäre gewährt werden. Eine gemeinsame Unterbringung ist nur vorgesehen, wenn ein Gefangener hilfsbedürftig ist oder aber eine Gefahr für Leben oder Gesundheit besteht.

C2.) § 201 StrVollzG
Ganz versteckt im vorletzten Paragrafen, ist für Anstalten mit deren Bau vor 1977
(1977 ist das Jahr in welchem das StrVollzG in Kraft trat, deshalb gilt dies gewissermaßen als Stichtag) begonnen wurde bestimmt worden, dass in diesem Gefängnissen Gefangene solange gemeinsam während der Ruhezeiten untergebracht werden dürfen, wie dies die räumlichen Verhältnisse erfordern.

Auf diese bald 30 Jahre alte Sonderklausel stützt sich auch die JVA Bruchsal.

C3.) Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz
“ Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlicher Gewalt.“, so steht es im Grundgesetz.

Das Bundesverfassungsgericht und ebenso die zuständigen Strafvollzugsgerichte leiten hieraus auch die Verpflichtung für Vollzugsanstalten ab, einen menschenwürdigen Vollzug zu gewährleisten.

D.) Kritik an der Alltagspraxis der JVA Bruchsal

Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: die Unterbringung von mehreren Gefangenen in einer Einzelzelle in der das WC räumlich nicht abgetrennt ist, ist verfassungswidrig.
Die Menschenwürdegarantie verbietet eine Herabwürdigung zum Objekt und gebietet die Währung menschlicher Identität und Integrität. Die Unterbringung in einer doppelbelegten Einzelzelle mit offener Toilette stellt dem gegenüber eine Brechung menschlicher Subjektivität unter Verletzung der körperlichen und psychischen Identität dar. Ein eventuell vorhandener “ Schamvorhang “ bietet weder hinreichenden Sicht – noch Geruchsschutz, so dass im Falle der Toilettenbenutzung durch einen Gefangenen in unzumutbarer Weise beiden Gefangenen jeder Rückzugsraum genommen, in ihre Intimsphäre eingegriffen und ihre Menschenwürde negiert wird.

Hieran ändert auch die oben erwähnte Übergangsregelung für Altanstalten nichts, denn das Grundgesetz steht über dem Strafvollzugsgesetz.
Daß Beamte, die dennoch Gefangene in einer solche menschenunwürdige Situation bringen, ihre Amtspflicht verletzen, hat der Bundesgerichtshof 2004 entschieden.
Da Vollzugsbeamte als Angehörige der vollziehenden Gewalt (Exekutive) gemäß
Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz an Gesetz und Recht gebunden sind, stellt sich ihr Verhalten als doppelter Verfassungsbruch dar : sie verletzen die verfassungsmäßigen Rechte der Gefangenen und zugleich ihre eigenen Pflichten.

Wie ethisch fragwürdig ist sodann der Anspruch des Personals an die Insassen, diese mögen sich ihrerseits an Recht und Gesetz halten !?

In der JVA Bruchsal bemüht man sich wohl teilweise um Unterschriften der Insassen, die derartig menschenunwürdig untergebracht werden, d.h. man verlangt pro forma seitens der Anstalt ihre Zustimmung. Dabei wird verkannt, dass niemand auf die Achtung seiner Menschenwürde wirksam zu verzichten vermag. Die Menschenwürde steht gerade nicht zur Disposition des Einzelnen.

Die Forderung sollte aber nun nicht heißen : baut mehr und größere Gefängnisse. Vielmehr könnte man schlicht und ergreifend Gefangene frei lassen. Die Strafprozessordnung sieht dies sogar explizit vor !
Aus Gründen der Vollzugsorganisation (hierunter wird u.a. Überbelegung verstanden) dürfen Staatsanwaltschaft, aber auch Anstaltsleiter gemäß § 455a StOP Gefangene (vorübergehend) auf freien Fuß setzen.

Alleine in Bruchsal werden somit täglich Dutzende von Insassen in ihrer Menschenwürde verletzt; bundesweit geht die Zahl in die tausende – und hierbei wurde noch nicht einmal die Frage gestellt, ob Strafvollzug an sich schon menschenunwürdig ist!


Thomas Meyer Falk
c/o JVA – Z. 3117
Schönbornstr. 32
D – 76646 Bruchsal
Homepage : http://www.freedom-for-thomas.de



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