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Schwere Fehler: Gericht kippt Windkraft-Pläne des Landes. WZ vom 21.01.2015

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Claudia

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BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 21.01.15, 19:51  Betreff: Schwere Fehler: Gericht kippt Windkraft-Pläne des Landes. WZ vom 21.01.2015  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Seite 1:


Schwere Fehler: Gericht kippt Windkraft-Pläne des Landes

Ausweisung von Eignungsflächen im südlichen und mittleren Schleswig-Holstein rechtswidrig

Schleswig/Kiel /fju


Das Land muss die Ausweisung von Flächen für Windkraftanlagen korrigieren. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Schleswig hat gestern die Teilfortschreibungen der Regionalpläne für Windeignungsgebiete in zwei von landesweit fünf Planungsräumen wegen mehrfacher „schwerer Rechtsfehler“ für unwirksam erklärt. Die Pläne sollten dafür sorgen, dass Windanlagen nur auf genau abgegrenzten Flächen errichtet werden.

Die beiden Planungsräume umfassen die Kreise Rendsburg-Eckernförde, Plön, Segeberg, Pinneberg, Stormarn und Herzogtum Lauenburg sowie Neumünster und Kiel. Aus ihnen hatten elf Antragsteller geklagt. Überwiegend handelt es sich um Grundstückseigentümer und Windparkbetreiber, die auch außerhalb der neu ausgewiesenen Flächen Rotoren errichten wollen. Die Landesregierung hatte die Gebiete 2012 definiert, um den Platz für Windkraft zu verdoppeln – auf 26 800 Hektar oder 1,7 Prozent der Landesfläche. Vor dem OVG sind über 40 weitere Klagen zu Standorten für Windkraftanlagen anhängig.

Neben Verfahrensfehlern rügte das Gericht bei der Fortschreibung der Regionalpläne „erhebliche Abwägungsmängel“ zwischen öffentlichen und privaten Belangen. Das genüge nicht den Anforderungen, die das Bundesverwaltungsgericht aufgestellt habe. Insbesondere kritisiert das OVG, dass das Land pauschal alle Orte ausgeklammert hat, in denen ein Ausbau der Windkraft durch die Gemeindevertretung oder einen Bürgerentscheid abgelehnt worden war. Es widerspreche der Funktion der Regionalplanung, wenn der Gemeindewille von vornherein alle anderen Belange überwiege, monierten die Richter. Dadurch seien aus fachlicher Sicht vorbehaltlos geeignete Flächen unter den Tisch gefallen.
Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) stellte klar: „Es wird keinen Planungsstopp geben. Das Urteil stärkt die Investoren, denn wir haben jetzt mehr Flächen für Windkraftanlagen zur Verfügung.“ Die Entscheidung führe „im Ergebnis zu mehr Windenergie“.


Seite 16:

So kam das Gericht zum Wind-Urteil

Haupt-Kritikpunkt: Land hat kommunalen Willen bei Eignungsflächen überbewertet /fju

Schleswig/Kiel

Zwar hat es nie einen Mangel an Arealen gegeben, um die
Windkraftgebiete auf 1,7 Prozent der Landesfläche zu verdoppeln. Jedoch
sind sie nach Auffassung des Schleswiger Oberverwaltungsgerichts nach
den Regeln des Raumordnungsrechts nicht korrekt zustande gekommen.


Der 1. OVG-Senat verglich zwei Schritte, in
denen diese Windeignungsflächen ermittelt wurden: Zunächst stellte das
Land nach fachlichen Kriterien – etwa Natur-, Denkmal-, Lärm- oder
Sichtschutz einen Katalog mit möglichen Zonen fest. Anschließend
beauftragte es die Kreise mit einer Potenzialanalyse. Dabei kam ein
Kriterium hinzu: Wo eine Gemeindevertretung oder ein Bürgerentscheid
Nein zur Windkraft sagte, wurden keine weiteren Flächen für Mühlen
auserkoren. Dies hat das Land dann in seiner abschließenden Planung
übernommen. Kritikpunkt des Gerichts: Bei einem Vergleich der
Kreiskonzepte mit den ursprünglichen Potenzialflächen der Landesplanung
waren lediglich 0,22 Prozent deckungsgleich. Daraus schlussfolgerten die
Richter, wie wenig die Entscheidungen auf Gemeindeebene Rücksicht auf
fachliche Kriterien genommen hätten. Das Land, so hieß es, hätte dies
nicht ohne eigene Abwägung öffentlicher und privater Interessen
übernehmen dürfen. Insgesamt gab es 60 Bürgerentscheide, 46 davon mit
negativem Ausgang für mehr Standorte.


Auch bemängelten die Richter, das Land habe bei seiner eigenen
Planung teils zu wenig die Gegebenheiten des Einzelfalls betrachtet. FFH-Gebiete
etwa könnten nicht pauschal ausgeklammert werden, sondern nur, wenn man
auf das jeweils konkrete Schutzziel abstelle. Ebenso habe das Land
versäumt, nach der letzten Änderung der Planungen erneut die
Öffentlichkeit zu beteiligen.


Ministerialdirigent Norbert Schlick hielt dagegen, das Land habe auf
„historisch gewachsene Kriterien“ bei der Ausweisung von
Windkraftflächen zurückgegriffen. Oberstes Prinzip sei, „solche Pläne
konsensual und nicht gegen die Menschen“ zu verwirklichen. Die
Ausrichtung an einer breiten Akzeptanz der Standorte ziele auch darauf
ab, Projekte dort dann reibungslos umzusetzen. Der energiepolitische
Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Olaf Schulze,
erklärte denn auch: „Wir bedauern, dass die Bürgerbeteiligung vor
Gericht nicht den Stellenwert hat, den die Landesregierung ihr einräumt.
Aus unserer Sicht ist die Akzeptanz in der Bevölkerung ein wichtiger
Baustein für die Energiewende.“ Sein Kollege aus der Grünen-Fraktion,
Detlef Matthiessen, sieht trotz des Urteils „keinen explosionsartigen
Zubau an Rotoren“ – schon allein weil die Planungskapazitäten der
Behörden ausgeschöpft seien. Außerdem beruhigte er: Auch ohne eine
wirksame Flächenplanung des Landes gälten Regeln, etwa Mindestabstände
zur Wohnbebauung. Die Staatskanzlei betonte, ungeachtet des Urteils
genössen schon fertige Windkraftanlagen auf den neuen Eignungsflächen
Bestandsschutz. Bereits genehmigte Anlagen dürften gebaut werden.



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Claudia

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BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 21.01.15, 19:55  Betreff: Re: Schwere Fehler: Gericht kippt Windkraft-Pläne des Landes. WZ vom 21.01.2015  drucken  weiterempfehlen

Seite 2:

Standpunkt:


Türöffner für neue Konflikte
Zum Windkraft-Urteil des OVG

„Politische Kategorien sind nicht unser Geschäft.“ Mit diesem Ausspruch bei der Verhandlung über die neuen Windeignungsflächen hat der Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts, Achim Theis, zwar Recht, wenn er seine eigene Arbeit beschreibt. Doch die Folgen des Urteils, das der 1. Senat des OVG unter seinem Vorsitz gefällt hat, die sind eminent politisch. In mehrfacher Hinsicht.

Bis zu drei Jahre kann es dauern, bis das Land eine rechtssichere Planung zu Zonen für künftige Rotoren fertig hat. So lange gelten für Windkraft-Investoren die allgemeinen Regeln des Baugesetzbuches. Und zwar überall im Land. Damit kommen viel mehr Standorte in Frage als bei der bisherigen Bildung von Schwerpunktzonen. Das wird an viel mehr Orten als bisher hitzige Diskussionen über das Für und Wider neuer Mühlen nach sich ziehen. Sofern nicht besondere Aspekte des Einzelfalls – wie etwa der Immissionsschutz – dagegen sprechen, ist eine Genehmigung nur nach dem Baugesetzbuch vergleichsweise leicht zu bekommen. Unterm Strich öffnet das einer unkontrollierten „Verspargelung“ der Landschaft Tür und Tor. Man kann nur hoffen, dass sich Investoren zumindest an den Netzkorridoren orientieren, damit eine Gewissheit zum Abfluss des Stroms besteht. Sonst zahlt die Allgemeinheit für sie die EEG-Umlage, ohne dass die Anlagen real etwas bringen.

Einen Kollateralschaden dürfte das Urteil darüber hinaus für den Stellenwert kommunaler Demokratie nach sich ziehen. Hängen bleibt die Botschaft, dass Bürgerentscheide und Voten von Gemeindevertretungen nach Raumordnungsrecht zu hoch gewichtet worden seien. Mit dem Hinweis, bei ihnen könne pure Missgunst ein Motiv sein. Abgesehen davon, dass dies hypothetisch bleibt – unterm Strich erhält die Souveränität demokratischer Entscheidungen einen Dämpfer. Nicht gerade ein Argument gegen Wahlmüdigkeit. Eine befriedende Wirkung lässt dieses Urteil vermissen. Es eröffnet neue Konflikte, obwohl doch ein weitgehender Konsens über Standorte geschaffen war.

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Claudia

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BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 22.01.15, 23:00  Betreff: Re: Schwere Fehler: Gericht kippt Windkraft-Pläne des Landes. WZ vom 21.01.2015  drucken  weiterempfehlen

WZ vom 22.01.2015:


Wind-Urteil verunsichert Gemeinden
Droht jetzt die unkontrollierte Verspargelung? Landesregierung fürchtet um Akzeptanz der Energiewende bei den Bürgern
Kiel

Wird aus gewolltem Windkraft-Boom unkontrollierter „Wildwuchs“? Sprießen Anlagen dort aus dem Boden, wo das per Bürgerentscheid abgelehnt wurde? Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) zur Ausweisung von Windenergieflächen hat solche Sorgen genährt, nachdem der Windkraft-Ausbau in den letzten zwei Jahrzehnten mit tendenziell steigender Akzeptanz vorankam. Die Entscheidung der Schleswiger Richter löste landesweit Verunsicherung und eine lebhafte Debatte über Konsequenzen aus.

Wenn das Urteil schriftlich vorliegt, will die Regierung prüfen, ob das Land Rechtsmittel einlegt. Sie klärt auch, ob neue landesweite Planungsgrundlagen geschaffen werden. Energieminister Robert Habeck (Grüne) sieht große Herausforderungen. „Andere Länder haben uns immer dafür beneidet, wie wir die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung und die Versöhnung mit dem Naturschutz hinbekommen“, sagte er. „Das Urteil macht es uns da nicht leichter.“

Das Oberverwaltungsgericht hatte am Dienstag im Streit um die Ausweisung von Windenergieflächen Regionalpläne des Landes gekippt.

Die Richter rügten auch, dass von vornherein jene Gemeinden von der Ausweisung von Eignungsflächen ausgeschlossen wurden, die gegen die Windkraftnutzung votiert hatten. Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) sagte, aus seiner Sicht drohe keine „Verspargelung“ der Landschaft, auch wenn es mit dem Urteil mehr Windräder geben werde.

Derzeit sind es 2510 Anlagen mit 4415 Megawatt Leistung. 2014 wurden laut Energieministerium 398 Anlagen mit 1129 Megawatt genehmigt, die noch nicht in Betrieb sind. 377 weitere mit 1048 Megawatt sind im Genehmigungsverfahren. Bisher wurden für 2015 ähnliche Zahlen wie 2014 erwartet. Wie sich das Urteil nun auswirkt, ist noch zu klären. Die laufenden Genehmigungsverfahren gehen zunächst weiter wie bisher.

Der Gemeindetag forderte, auch nach dem Urteil den Willen der Bevölkerung zu respektieren. „Dazu muss der Gesetzgeber eine Lösung finden“, sagte Geschäftsführer Jörg Bülow. Die Gemeinden hätten mit jahrelangen intensiven Debatten für Akzeptanz der Windkraft gesorgt und dürften nun nicht im Regen stehen gelassen werden. Auch müsse in festgelegten Eignungsgebieten der geplante Ausbau weitergehen können.

In bisher nicht für Windkraft vorgesehenen Flächen müsse zusätzlicher Aufwand der Gemeinden vermieden werden, sagte Bülow. „Dafür schlagen wir eine landesplanerische Veränderungssperre zugunsten derjenigen Gemeinden vor, die sich bislang gegen Windkraft entschieden hatten.“ So könne deren Wille bis zur Festlegung neuer Regionalpläne gestärkt werden.

Habeck will die Auswirkungen des Urteils schnell aufarbeiten und Pläne entwickeln, „wie das Gute der Vergangenheit im Lichte des Urteils in die Zukunft überführt werden kann“. Die vom Gericht kassierten Regierungspläne sollten dafür sorgen, dass Windräder nur auf genau abgegrenzten Flächen errichtet werden. Mit den Folgen des Urteils befasst sich morgen auch noch der Landtag. Die Landesplanung suche nun das Gespräch mit Kommunalverbänden, der Windenergiebranche, Gemeinden, Genehmigungsbehörden und anderen Beteiligten, sagte ein Regierungssprecher.

Die CDU-Spitze forderte die Regierung auf, mit einem Bündel von Maßnahmen die Akzeptanz für die Energiewende zu erhalten. „Dieses Urteil kann nicht zufriedenstellen“, sagte CDU-Landeschef Ingbert Liebing. Es sei bedauerlich, dass das Gericht die Akzeptanz in der Bevölkerung für den Windenergie-Ausbau so nachrangig behandelt habe. Albig müsse prüfen, ob Bürgerbeteiligung mit Planungsrechtsänderungen gestärkt werden kann. Wenn Gemeinden sich gegen Windkraft entschieden haben, müsse dies in Planungen berücksichtigt werden können.
Wolfgang Schmidt

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